Eigentlich wollte ich erst die Weihnachtsgeschichte zu Ende schreiben, bevor ich mich wieder in andere Form zu Worte melde. Es gibt aber Anlässe, da kann ich einfach nicht den Mund halten, auch wenn es vermutlich viele geben wird, denen mein Kommentar ganz und gar nicht passt. Das was die Femen-Aktivistin Josephine Witt am 25. Dezember an Meinungen hervorgebracht hat, erzeugt bei mir Widerspruch. Vor allem deshalb, weil mal wieder der Begriff der Gotteslästerung kursiert.
Gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass es einen Gott gibt — wovon ich, am Rande bemerkt, ebenfalls überzeugt bin. Woran wird sich dieser Gott mehr erfreuen, An komisch bekleideten alten Männern, die versuchen ihren muffigen Geruch mit Weihrauch zu überspielen oder aber an den knackigen nackten Körper einer jungen Frau? Was meinen wir? Oder ist es nicht einfach so, dass er über den Dingen steht, weil er eben Gott ist?
Unser Verstand ist viel zu klein, um Gott zu fassen, er lässt sich mit menschlichen Maßstab nicht messen. Aus diesem Grund kann er auch nicht beleidigt, seine Kirche nicht entweiht werden. Selbst das quer über den Oberkörper gepinselte „I am God“ ist keine Anmaßung. Gott erschuf den Menschen als sein Ebenbild, in jedem von uns steckt also zumindest ein göttlicher Funke.
Wenn es Grund gibt sich aufzuregen, dann über die Gewalt und den Hass, welcher der 20-jährigen entgegenschlug. Je öfter man sich eines der Videos dazu ansieht, desto abstoßender wirken die Reaktion der Männer, die sich dazu berufen fühlen, Gott und sein Ansehen zu schützen.
Menschen, die sich auch nicht zu schade dazu sind, einen Krebskranken des Doms zu verweisen, nur weil er seine Mütze aufbehalten möchte. Auch wenn das ein ganz anderer Vorfall ist, so passt es doch ins Bild. Gott dürfte es herzlich egal sein, ob ein Mensch der zu ihm kommt, eine Mütze trägt oder nicht.
Worüber man sich daher aufregen sollte, ist weder die Tat von Josephine Witt noch das Tragen einer Mütze durch Guido Guntermann. Das was so genannte Gläubige für Religiosität halten, ist das wirkliche Übel. Im Übrigen ist falscher Glaube kein Privileg der katholischen Kirche, denn ich bin mir sicher, dass beide Situationen durchaus auch in einer evangelischen Kirche hätten passieren können.