Ditmar vergaß den Harndrang und stützte sich an der Hochwasserschutzmauer an. Mit einem gequälten Gesichtsausdruck ließ er sich auf der Mauer nieder. Der eisige Wind pfiff durch seine kaputte Daunenjacke. Dann bückte er sich, um den Schuh von Fuß auszuziehen. Mit blau-kalten Fingern fingerte er an den Schnürsenkel herum. Schließlich gab er auf und zog den Schuh mit Gewalt vom Fuß. Obwohl ihn das einige Mühen kostete, spürte er keinen Schmerzen im Fuß. Nachdem er den Socken ausgezogen hatte, sah er weshalb. Vom Knöchel abwärts war das die Haut schwarz-blau verfärbt. Die gelegentlichen Taubheitsgefühle der letzten Tage kamen ihm wieder in den Sinn. Es waren gelegentliche Schübe gewesen, denen wieder ein Gefühl von Wärme gefolgt war. Didi konnte seinen Blick vom Fuß nicht abwenden. Es sah befremdlich aus, fand Ditmar.
Mittlerweile kam Bewegung unter der Brücke auf. Die anderen beiden, mit denen Ditmar in den letzten Tagen getrunken hatte, wurden wach. Gerade rechtzeitig, um verdutzt zu gucken, als Ditmar von der Mauer kippte und nach hinten fiel. Wie ein Sack mit Sand rutschte sein bewusstloser Körper die Schräge entlang. An den Händen und im Gesicht zog sich Didi Schürfwunden zu, von denen er allerdings wenig merkte. Erst kurz vor dem Rhein stieß der Körper gegen einen größeren Stein und blieb liegen. Oben an der Mauer standen seine Kumpel und überlegten, ob sie runter zu Didi gehen sollte oder erstmal einen ordentlichen Schluck zur Stärkung benötigten. Sie entschieden sich zu helfen. Obwohl sie beide kräftig an Ditmar zog, bekamen sie ihn kaum hoch. Zumindest signalisierte ihnen sein Stöhnen, dass er noch lebte.
Ein Jogger, der sich trotz des Wetters zum Wohle seiner Gesundheit quälte, wurde auf die Männer aufmerksam und verständigte schließlich einen Rettungswagen.