Was für einen selber mittlerweile selbstverständlich geworden ist, fängt man erst nach einem Gespräch mit anderen Menschen darüber zu hinterfragen. Gestern zum Beispiel unterhielt ich mich mit einer Autorin über das Schreiben von Krimis. Sie konnte sich nicht vorstellen, einen Mord zu beschreiben. Die Art von Gewalt, die notwendig ist um eine fiktive Figur zu töten, liegt nicht jedem. Ehrlich gesagt habe ich mir darüber bisher keine Gedanken gemacht. Für mich hat sich vor über vier Jahren das Genre einfach ergeben.
Es gibt eine Szene „Casino Royal“ mit Daniel Craig, die mir als Krimiautor besonders gut gefällt. Noch ohne bestätigten Doppelnullstatus sieht man Bond in Prag im Büro von Sektionschef Dryden. Die Szene gipfelt im Dialog über die erste und zweite Tötung, die für den Doppelnullstatus notwendig ist.
DRYDEN: Aber keine Sorge, die zweite wird …“
[Bond erschießt Dryden]
BOND: „Ja, erheblich.“
Genau so geht es vermutlich auch Krimiautoren. Mit dem ersten Mord tut man sich noch etwas schwer. Im meinem ersten Krimi, „Altmetall am Altrhein“ beginnt das erste Kapitel mit einem Toten, der jedoch bereits tot ist. Der Leser bekommt nur mit, wie jemand davon stolpert ohne zu wissen, ob er derjenige war, der den Mord begangen hat. In diesem Krimi bleibt das auch der einzige Mord, auch wenn es noch ein paar Leichen in Nebenrollen gibt.
Als Autor habe ich mich damals beim schreiben gut aus der Affäre gezogen, denn es ist leichter, eine Leiche zu platzieren als eine Figur tatsächlich den dazugehörigen Mord begehen zu lassen. Im zweiten Krimi ging es schon deutlich brutaler vor. Da wurde einer Figur mit einem Beil der Kopf abgehackt. Eine ziemliche Sauerei.
Im zweiten Lokalkrimi gab es zwar eine Eskalation der Gewalt und eine nachvollziehbare Entwicklung des Mörders, aber richtig zur Sache ging es nicht. Erst jetzt, in Krimi Nummer vier sind die Finger geschmeidig genug, um den Tasten die richtigen Buchstaben und Worte zu entlocken. Die Morde gehen erheblich mehr ins Detail, es fällt zunehmend leichter, sie zu beschreiben.
Das liegt an der Erfahrung durch das eigene schreiben aber auch an der Menge Krimis, die ich mittlerweile gelesen habe. Es hilft enorm zu beobachten, wie andere Autoren ihren Figuren das Lebenslicht ausblasen lassen. Mit der Routine wird es daher dann wirklich erheblich leichter. Erst wenn ein jemand anders drauf bringt, stellt man fest, wie sehr man selber schon zum „Serien“-Mörder geworden ist. Es hört sich aber schlimmer an als es ist. Ziel ist letztendlich ein spannendes Buch für die Leser zu schreiben. Zur Spannung in einem Krim gehören nun mal auch die Toten, dass ist ein großes Stück weit dem Genre geschuldet.
Wenn ich ehrlich bin, gefällt mir dieses Genre inzwischen richtig gut. Nicht wegen der Toten, sondern trotz. Der Krimi an sich ist eine hervorragende Möglichkeit, sich mit sehr unterschiedlichen Dinge auseinander zu setzen. Er kann psychologisch, soziologisch oder gesellschaftskritisch sein, ohne dabei belehrend zu wirken. Oder anders gesagt, dass Genre gehört für mich zu denjenigen mit der größten Bandbreite an Möglichkeiten.