Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Vor über zwei Jahren habe ich das Buch „Möchtegern“ von Milena Moser gelesen und hier im Blog darüber geschrieben. Eine Fiktion über eine Castingshow, bei der es nicht um Sänger oder ähnliches geht, sondern um Autoren.

Im Buch wurde der SchreibStar gesucht. Für Autoren eine hoffentlich doch eher gruselige Vorstellung. Aber Frau Moser hat schließlich eine fiktive Handlung frei erfunden. Dachte ich bisher. Dann stieß auch einen Bericht über „Masterpiece„, eine italienische Show, die allen Anschein nach den Roman als Vorlage verwendet hat. Nicht um ihn zu verfilmen, sondern um Autoren in einen ernst gemeinten Wettbewerb zu werfen , bei dem“Möchtegern“ als Anleitung dient.

Zwölft Teilnehmer kämpfen gegeneinander, schreiben sogar live Texte vor der Kamera. Dem Sieger winkt ein lukrativer Buchvertrag. Der Rest kann sich darüber freuen, zumindest mal für ein paar Minuten im Fernsehen berühmt gewesen zu sein.

Leider tendieren meine Italienischkenntnisse gegen Null, sonst würde ich zumindest einen Teil dessen, was auf der Seite des Senders zu finden ist verstehen. Es gibt einen Elevator Pitch, eingereichte Texte und Interviews mit den Teilnehmern — die ich mir nicht ansehen konnte, weil ich mir auf meinem Rechner kein Silverlight Plugin installieren wollte.

Es wird behauptet, hinter der Show würde eine ehrbare Absicht stecken. Man wolle einem literaturfernen Publikum Bücher und den Beruf eines Schriftstellers näher bringen. Von der Begründung her in etwa vergleichbar, wenn man mit DSDS dem Fernsehpublikum Lust auf den Besuch einer klassischen Oper machen wollte. Eine Schriftsteller schreibt. Mit Fernsehen hat das erstmal gar nichts zu tun. Und die meisten Autoren fühlen sich beim schreiben auch besonders wohl, wenn man sie alleine lässt und sie unbeobachtet an ihren Sätzen feilen können. Schreiben vor Kamera wäre für mich das Letzte, wirklich das Letzte, was ich mir für mich vorstellen kann. Über 5.000 Bewerberinnen und Bewerber, die ihr Manuskript eingesendet habe, sahen darin anscheinend jedoch die Erfüllung all ihrer Träume.

Eins sollte man eigentlich, wenn man mit dem Medium Fernsehen vertraut ist wissen. Um Talent geht es bei den ganzen Talentshows nun wirklich nicht. Und richtige Literatur ist ehedem nichts für den Massengeschmack.

2 Kommentare

  1. Ja, aber …
    Zum Fazit: Ich denke, Spitzenliteratur ist kantig und dennoch massentauglich – eben dies mag die hohe Kunst sein. Aber es muss nicht immer perfekt sein. Was wäre die Welt ohne Pulp, Sparte etc.?

    Nichtsdestotrotz, ich würde mir diese Sendung lieber anschauen als den 25ten Aufguss des Sängerkriegs der Heidehasen ;-)

    Guter Artikel, danke!

    Gruß, Marcel

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