Vor anderthalb Monaten stolperte ich über den englischen Artikel „7 Reasons Why Novices Should Not Self-Host WordPress“ bei wpmuorg. Für die Zeit nach dem NaNoWriMo nahm ich mir vor, darauf eine passende Antwort zu finden, denn das was dort behauptet wird, kann man so nicht stehen lassen. Sieben Gründe, warum man von seinem selber gehosteten WordPress Blog gerade als Anfänger die Finger lassen sollten. Aus meiner Sicht spricht einiges dafür, diese Ratschläge zu ignorieren.
Allein schon aus didaktischer Sicht kann man einen eigenen WordPress Blog nur empfehlen. Wie sonst soll man schließlich lernen und sich vom Anfänger weiter entwickeln? Die meisten werden jemanden kennen, der jemanden kennt, der sich auskennt. Zudem gibt es auch noch ein hervorragendes deutschsprachiges WordPress Forum, in dem einem weiter geholfen wird.
Für mich stellte sich die Frage vor über 10 Jahren, ob ich selber für meinen Blog verantwortlich sein will oder nicht erst gar nicht. Natürlich wollte ich so viel Kontrolle über meine Daten, Bilder und Texte wie möglich. Den Blog irgendwo anders zu haben, kam daher nicht in Frage. Meine Daten, mein Spielplatz. Manchmal ist es besser, wenn man selber herumschrauben kann. Muss man aber nicht. Für einen selbstgehosteten Blog auf einem Webserver in Deutschland sprechen gerade in Zeiten diverser Datenskandale auch noch andere Aspekte.
Schauen wir uns aber mal an, was in dem englischen Artikel behauptet wird:
- It’s difficult: there’s a lot to learn
- There’s too much choice: analysis paralysis is always hovering
- It’s not the cheapest option: free can be so expensiv
- It’s time-consuming: self-hosting properly takes up your most valuable asset
- It’s not worth the risk: there’s just too much that can go wrong
- Starting from scratch is hard and unnecessary
- Flexibility is overrated
WordPress ist nicht wirklich schwer zu lernen, wie unter Punkt 1 behauptet wird. Vieles erklärt sich von selber, ansonsten kann man wie bereits erwähnt fragen. Innerhalb von drei Minuten (es ist sogar deutlich weniger) lässt sich WordPress auf einem Webspace installieren. Als weitere eignet man sich Stück für Stück an. Bandweite, DNS, Domains, Datenbanken anlegen — sicher ein etwas holperiges Feld für viele, aber mit etwas gutem Willen begreift man auch das. Man muss eine Datenbank nicht verstehen, sondern bei seinem Provider nur eine anlegen oder angelegt bekommen. Vor über 20 Jahren habe ich im Rahmen eines Projekts der AWO Gütersloh mit Senioren HTML-Seiten in einem Texteditor gebastelt. Das würde ich als schwierig bezeichnen. Und trotzdem hat es geklappt. Einen Blog einzurichten ist dagegen wirklich einfach.
Zu viel Auswahl bei den Themes als Grund anzuführen, von einem eigenen WordPress Blog lieber die Finger zu machen, ist wirklich lächerlich. Es gibt sehr viele Blogger, die mit dem Theme, welches Bestandteil einer WordPress Installation ist, durchaus zufrieden sind. Und das lässt sich genau so einfach anpassen wie man in Powerpoint eine Grafik austauscht. Auswahl bedeutet Vielfalt und Freiheit.
WordPress selber ist kostenlos, wer selber auf einem angemieteten Server betreiben will, muss schon mal etwas Geld in die Hand nehmen. Je nach dem, für welchen Provider man sich entscheidet, kostet es. Mit rund 5 Euro pro Monat kann man durchaus einen zuverlässigen Anbieter bekommen. Das sind im Jahr dann 60 Euro, dazu noch die Kosten für den Domainnamen selber (für Laien: der Name in der Browser-Adressleiste). Setzt man für alles zusammen 80 Euro im Jahr an, ist das aus meiner Sicht nicht wirklich viel. Die meisten von uns geben im Monat weitaus mehr Geld für wirklich sinnlose Sachen aus. Ein eigener WordPress Blog ist wie eine angemietete Wohnung. Im Rahmen bestimmter Grenzen kann man sich darin frei austoben.
Wirklich viel Zeit frisst ein eigener WordPress Blog auch nicht. Gelegentliche Updates, vielleicht auch mal ein Backup, alles in allem unter einer Stunde im Monat. So viel sollte man bereit sein zu investieren (gerade auch wenn das Blog ein Hobby ist). Wesentlich zeitintensiver ist das Schreiben der Artikel. Diese Aufwand allerdings ist bei einem fremd gehosteten Blog auch nicht geringer.
Es soll das Risiko nicht wert sein. Gut, darüber kann man streiten, denn ein gewisses Risiko gibt es immer. Sogar im Leben, denn man riskiert, am Ende zu sterben. Was die Sicherheit einer WordPress Installation abgeht, auch da hilft einem die freundliche Community weiter. Und niemand kann garantieren, dass ein fremd gehosteten Blog 100% sicher sei. Im Gegenteil. Wo viel zu holen ist, nimmt auch der Reiz eines Hackerangriffs zu.
Bei Null fängt auch mit einem eigenen WordPress Blog nicht an, wie unter Punkt 6 behauptet wird. Vielleicht dauert es etwas länger, um Aufmerksamkeit zu bekommen, entscheidend ist es aber, worüber man schreibt. Wer ein packendes Thema hat, wird seine Leser finden. Auch ein eigener WordPress Blog lässt sich dank Jetpack Plugin gut vernetzen.
Zu guter Letzt soll Flexibilität überbewertet sein. Dem kann man nur widersprechen. Gerade wenn man an Erfahrungen mit dem eigenen Blog gewinnt, wird man die Flexibilität zu schätzen wissen.
Einen wirklich überzeugenden Grund gegen WordPress auf einem eigenen Server gibt es aus meiner Sicht nicht. Man muss sich nur trauen, bereit sein zu lernen und Fragen zu stellen. Dafür bekommt man etwas, was mit den eigenen Ansprüchen weiter wachsen kann. Wer immer noch nicht überzeugt ist, kann sich bei tumblr oder WordPress.com umschauen. Man sollte dann allerdings nicht aus Bequemlichkeit vergessen, die Nutzungsbedingungen dieser Dienste zu lesen. Mitunter ist man dann doch schnell wieder bei einem wirklich eigenen Blog.
4 Kommentare
Das alles kann ich nur unterschreiben. Ich habe mich daran gemacht, ein selbstgehostetes WP-Blog aufzusetzen, obwohl ich absolut keine Ahnung hatte. Ganz und gar keine. Es hat mich ein paar Nächste gekostet, und auch bei später auftauchenden Problemen habe ich manchmal stunden- und nächtelang an der Lösung geknobelt. Doch dank hilfreicher Leute, Dr. Google und dem WP-Forum habe ich alles irgendwie hinbekommen. WordPress ist tatsächlich für Anfänger geeignet. Sie müssen nur ein bisschen Durchhaltevermögen mitbringen.
Außerdem habe ich bei all dem eine Menge gelernt.
Hallo Thomas,
ich finde auch, dass die Thesen so nicht ganz stimmen. Okay ich habe anfangs bei WordPress.com gebloggt (und besitze dort rein interessehalber noch einen Blog), bin aber recht schnell mit zwei Blogs zu WordPress.org gewechselt. Einzig bei dem Anlegen des Webverzeichnisses – damals noch bei Strato – hat mir anfangs ein Freund geholfen. Bei aktuell Domain Factory ist auch das ein Kinderspiel.
Wichtig ist doch, dass man Spaß am Bloggen, an der Blogpflege und an der Gestaltung der Seite hat. Dann klappt irgendwann (fast) alles von selbst.
Hilfe gibt es im www gerade zu WordPress – im Vergleich zu Joomla – doch zuhauf.
Mein Template ist vom Ursprung her ein Uralt-Theme und ich habe es im Laufe der Zeit um immer mehr Funktionen aufgepimpt. Einerseits manuell und teils durch Plugins. Das war und ist ein Lernprozess und es macht mir richtig Spaß auszuprobieren, wie mit Codes uns Scripten neue Effekte und Funktionen erzielt werden können.
Ich betreibe das Bloggen als reines Hobby und verdiene keinen Cent damit. Ich kenne kaum ein Hobby, dass so preiswert betrieben werden kann wie das Bloggen – auch gehostet und mit eigener Domain.
Ich gestehe, dass ich trotzdem noch einen Blog bei Tumblr besitze. ;-) Aber „richtiges“ Bloggen ist das für mich nicht.
Ich kann Pyrolim nur zustimmen. Klar bedarf es an Durchhaltevermögen. Aber ist es nicht ein tolles Gefühl, wenn man das eine oder andere Problem – vielleicht sogar auch mal ohne fremde Hilfe – lösen konnte? :-)
Gruß Sylvi
Stimmt, es ist im Vergleich wirklich ein günstiges Hobby :-) Und: je länger man am Ball bleibt, desto größer ist die Freude, so was selber geschaffen zu haben.