Es gibt etwas, was mir persönlich wirklich wichtig ist. Zu jeder Zeit noch in der Lage zu sein, in den Spiegel zu schauen. Das hat man mir ihm Rahmen meiner Erziehung mit auf den Lebensweg gegeben.
Genau aus diesem Grund stehe ich auch zu meiner Meinung hinsichtlich des Mitgliederentscheids. Für mich ist es überflüssig, noch abzuwägen, Fotos vom Stimmzettel zu machen, auf dem noch nichts angekreuzt wurde oder den aufgeklebten Umschlag ins Netz zu stellen.
Normalerweise verteidige ich auch schon aus Prinzip die freie und geheime Abstimmung. Es gibt aber Momente wie diesen, wo ich eine gewisse Verpflichtung verspüre. Das Bedürfnis habe, den Beweis dafür anzutreten, dass ich den letzten Wochen nicht nur hohle Worte von mir gegeben habe. Von Anfang an stand ich einer großen Koalition ablehnend gegenüber. Trotzdem hätte ich mich überzeugen lassen. Aufrichtigkeit, Sachlichkeit und offene Karten — so sollte man miteinander umgehen. Der so genannte Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU überzeugt mich in keiner Weise. Für mich konnte es daher nur eine Entscheidung geben.
Wenn man seine Stimmzettel genau liest und versucht, ihn auch zu verstehen gerät ins Stolpern. Die Formulierung ist merkwürdig:
Soll die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) den mit der Christlichen Demokratischen Union (CDU ) und der Christlich-Sozialen Union (CSU) ausgehandelten Koalitionsvertrag vom November 2013 abschließen?
Abgeschlossen wurde der Vertrag bereits vergangene Woche und mit Unterschrift der drei Parteichefs besiegelt. Bei der SPD geschah dies allerdings unter Vorbehalt. Sofern die Mehrheit der Mitglieder mit einem Nein stimmen wird (wo von ich nicht ausgehe), dürfte dies Konsequenzen haben. Und die sind wirklich Fällig. Der Plan B besteht nämlich darin, dass die gesamte Parteispitze zurücktritt. Damit wird dann endlich ein unbelasteter Neuanfang für die SPD möglich. Wie nervös die Verantwortlichen sind, zeigt die Informationsflut, die einen per E-Mail erreicht.
Der Empfehlung aus dem Begleitschreiben zu den Wahlunterlagen bin ich nicht gefolgt.
Deshalb empfehlen wir Dir, beim jetzt beginnenden Mitgliedervotum mit JA zu stimmen.
Das ist auch etwas, was meine Eltern mir beigebracht haben. Selber den Verstand zu benutzen statt auf Wahlempfehlungen zu hören. In der Schule gelernt habe ich dann, zwischen den Zeilen zu lesen. „Verbindlich und ohne Finanzierungsvorbehalt oder andere Hintertürchen steht es im Koalitionsvertrag.“ — das ist sachlich einfach falsch. Der „Koalitionsvertrag“ ist eine Absichtserklärung, deren angebliche Verbindlichkeit nicht eingeklagt werden kann.
Perfide ist der Appell am Schluss des Begleitbriefs und die deutliche Mahnung:
Und denke bitte daran: Sehr viele Menschen warten darauf, dass das, was wir jetzt in den Verhandlungen durchsetzen konnten, endlich Wirklichkeit wird in Deutschland.
Ein Stück weit muss man sich dafür fremdschämen. Als starke Oppositionspartei hätte die SPD die Chance gehabt, auch durch ihre Mehrheit im Bundesrat die Politik in diesem Land entscheidende zu beeinflussen. Leider wurde diese Möglichkeit bereitwillig vertan.
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