Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Sankt Martin. Einer der wenigen Heiligen, die mir als Protestant auch ein Begriff ist. Und das, obwohl ich stets nur evangelischen Religionsunterricht hatte. Es ist aber, so kann man bei Wikipedia lesen, einer der wenigen Heiligen, die sowohl in der katholischen als auch in der orthodoxen, anglikanischen sowie der evangelischen Kirche geehrt werden.

Zum ersten Mal lernte ich im Kindergarten etwas über Sankt Martin und wie er seinen Mantel mit einem Schwert teilte, um die eine Hälfte einem frierenden Bettler zu geben. Jetzt will die Links-Partei in Nordrhein-Westfalen das Martins-Fest abschaffen Vom Vorsitzende der Linken in NRW kommt, der Vorschlag, es umzubenennen in „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“. Der Martinstag, so die Argumentation, sei eine überholte Tradition, die zudem einseitig konfessionell belastet wäre. Man solle doch gefälligst Rücksicht nehmen auf die Muslime. Merkwürdig dabei ist, dass diese verlauten lassen, sie hätten gegen den Martinstag nichts einzuwenden. Im Gegenteil sie würde so gar gerne ihre Kinder an den Umzügen teilnehmen lassen. Schließlich sei das Teilen auch eine religionsübergreifend gemeinsamer Wert.

Wer behauptet, so etwas wie Sankt Martin sei nicht mehr zeitgemäß, muss sich auch die Gegenfrage gefallen lassen, ob er selber noch zeitgemäß ist. Im besonderen Maße gilt das für die Linkspartei. Es befremdet auch, dass sie eine Figur abschaffen will, die für das Teilen steht. Wäre Sankt Martin Kommunist statt Bischof gewesen, sähe es vermutlich etwas anders aus.

Wenn Teile der Linken, denn es ist zu vermuten, dass nicht die gesamte Partei die Meinung von Rüdiger Sagel teilt, Sankt Martin abschaffen, müssten sie sich auch die Frage stellen, was als nächstes kommt. Ostern? Genauso ein christliches Fest wie Weihnachten. Anderswo wünscht man sich ja bereits „Happy Holidays“ statt „Merry Christmas“ oder ersetzt die traditionelle Weihnachtsbeleuchtung durch eine weltanschaulich neutrale. Stück für Stück wird die Welt auf diese Weise grauer und ärmer. Auf ein kontextfreies „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“ kann man auch gleich ganz verzichten. Es ergibt nämlich keinen Sinn mehr.

Bei Sankt Martin geht es Herrn Sagel vermutlich auch darum, Traditionen in Frage zu stellen. Viel lieber wäre es mir, wenn man mit ganz anderen Traditionen brechen würde. Zum Beispiel mit den Bemühungen der SED in der damaligen DDR, jegliche religiöse Bezüge zum Weihnachtsfest zu vermeiden. An die scheint Rüdiger Sagel vermutlich anzuknüpfen mit seinem Vorschlag.

2 Kommentare

  1. Ich war auch etwas überrascht, als ich vom „linken Ansinnen“ erfuhr. Manchmal habe ich das Gefühl, manche Politiker ziehen Themen an den Haaren herbei, um ins Gespräch zu kommen. Hat ja auch geklappt. Trotzdem hoffe ich, dass man es dann auch schnell wieder zu den Akten legen kann. Die Grund-Aussage der Martinslegende hat Herr Sagel jedenfalls nicht verstanden. Vielleicht täte ein Nachhilfeunterricht zum Thema Teilen so manchem Politiker mal gut…

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