Unumwunden gebe ich zu, nicht mal eine Minute darüber nachgedacht zu haben, ob ich den Appell gegen Prostitution der Zeitschrift EMMA unterschreibe. Für mich ist das selbstverständlich. Jeden Morgen und Abend, wenn ich am Bahnhof Nippes bin, sticht mir das Pascha ins Auge. Sex ab 30 Euro mit Geld zurück Garantie, wie es auf der Webseite des „Unternehmens“ heisst. So viel essen wie ich kotzen möchte kann ich gar nicht.
Wer wie die Piratenpartei im Saarland die öffentliche Unterstützung des Appells kritisiert, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Die von rot-grün 2002 eingeführte Entkriminalisierung hat ihr Scheitern bereits bewiesen. Frauen werden nach wie vor als Handelsware betrachtet, Ausbeutung und Brutalität im „Gewerbe“ sind keine Ausnahme, sondern der Regelfall.
Der Vergleich der EMMA von Prostitution mit Sklaverei trifft es auf den Punkt. Sklaverei hat ebenfalls eine lange, traurige Tradition und wurde aus guten Gründen abgeschafft. Niemand würde ernsthaft heute bestreiten, dass dies ein bedeutender und richtiger Schritt für die Zivilisation war. Gleiches gilt für die Abschaffung der Prostitution, die eine andere Form der Sklaverei ist. Mit dem Unterschied, dass von ihr überwiegend Frauen betroffen sind, deren Ausbeutung am Rande der Gesellschaft stattfindet. Nicht im Verborgenen, sondern ganz öffentlich. Man(n) kann es sehen, wenn man davor nicht die Augen verschließt.
Die Entkriminalisierung ist gescheitert. Die Aufgabe der Politik ist es jetzt, dieses Scheitern als Anlass dafür zu nehmen, Frauenhandel und Prostitution schnellstmöglich Einhalt zu gebieten. Ein menschenwürdiges Leben der betroffenen Frauen ist nicht nur denkbar, sondern wünschenswert.
Wer Prostitution in einem Atemzug mit „freier Berufswahl“ nennt, sollte sein eigenes Weltbild hinterfragen. Möglicherweise hängt er genau jener rückständigen Sichtweise an, die Prostitution eine wichtige gesellschaftliche Funktion zuschreiben würde. Dabei ist Prostitution nur das Ausleben männlicher Triebhaftigkeit auf Kosten von Frauen.
6 Kommentare
Das einzige was passiert wenn Prostitution verboten wird ist, dass die Frauen dann wieder in noch unwürdigeren Rahmen „arbeiten“. Zu denken ein solches Verbot würde eine Prostitution wirklich beenden finde ich sehr naiv. Und ein Abschieben in die Illegalität bringt dann wieder folgende Begleiterscheinungen: keine soziale Absicherung, keine gesicherte Umgebung etc mit sich.
Meiner Meinung nach sollten sowohl Alice Schwarzer als auch alle anderen Unterstützer lieber nach Möglichkeiten suchen die Umstände zu schaffen, dass den Frauen ein würdigeres Leben möglich ist.
Mich beruhigt, dass zumindestens die Politik einen anderen Ansatz fährt, der sich für mich eindeutig sinnvoller anhört als der von Frau Schwarzer:
http://www.bild.de/politik/inland/prostitutionsgesetz/kampf-gegen-flatrate-sex-und-zwangsprostitution-33234710.bild.html
Auch soll es tatsächlich einige wenige Frauen geben, die den Beruf freiwillig machen. Leider mit Sicherheit nur eine kleine Minderheit, aber es gibt sie. Ist ein Berufsverbot tatsächlich die richtige Lösung, weil es viele Kriminelle gibt, die andere Menschen dazu zwingen? Übrigens ist das auch heute schon eine Straftat, eine zusätzliche Kriminalisierung der Opfer dürfte diesen kaum helfen.