Am Ende der Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD setzt sich der rote Zug in Bewegung. Die Richtung: große Koalition. Auch wenn das momentan viele Mitglieder noch nicht glauben wollen.
Bedenken und Zögern bei den Sondierungsgesprächen wirken fast wie ein abgesprochenes Schauspiel, wenn man liest, dass die Entscheidung für Koalitionsverhandlungen innerhalb der SPD-Verhandlungsgruppe einstimmig gefallen ist. Kein Widerspruch, keine Enthaltung. Entgegen zum Teil anders lautenden Pressemitteilungen steht damit aber noch nicht automatisch fest, dass es auch tatsächlich zu Koalitionsverhandlungen in der nächsten Woche kommen wird. Der Parteikonvent am Sonntag entscheidet darüber. Allerdings benötigt man keinerlei hellseherische Fähigkeiten, um zu wissen, wie diese Entscheidung am Ende aussehen wird.
Das Wahlprogramm der SPD lässt sich nicht auf einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro reduzieren. Selbst das was der Parteivorstand an seine Mitglieder schreibt
Dies gilt insbesondere für die zentralen Forderungen der SPD nach einer gerechteren Ordnung des Arbeitsmarktes, einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €, der Neuregelung der Leih- und Zeitarbeit sowie der Werkverträge, den Kampf gegen die Altersarmut, flexiblen Zugänge zur Rente, der nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Finanzsituation, Investitionen in Bildung und Infrastruktur, eine Reform und deutliche Verbesserung in der Pflege, der gleichberechtigten Teilhabe von Migrantinnen und Migranten und eine Reihe anderer Positionen.
ist nur ein Bruchteil. Die Formulierung „eine Reihe anderer Positionen“ ist an dieser Stelle völlig fehl am Platz. Wo ist da zum Beispiel die Bürgerversicherung, die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, die Doppelte Staatsbürgerschaft oder aber die völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen? Ein Koalition mit der Union wäre kein Politikwechsel, sondern ein „weiter wie bisher“ mit leichten kosmetischen Veränderungen.
Der Preis, der dafür gezahlt wird, ist im Vergleich dazu viel zu hoch. Pulverisierung der parlamentarischen Opposition im Bundestag, das Risiko eines erheblichen Mitgliederschwunds und die Wahrscheinlichkeit, bei der nächsten Wahl noch schlechter dazustehen als vorher. Ist es das wert? Ich denke nicht.
Das letzte Wort, am Ende der Koalitionsverhandlung, wenn das riesige Honigglas vom vielen um den Bart schmieren gänzlich leer ist, haben die 470.000 Mitglieder der SPD. Es soll ein verbindliches Ergebnis sei. Das wird wirklich spannende Moment nach all den Verhandlungen werden. Wenn er ein Stop-Signal bekommt, muss jeder Zug anhalten.
Und dann wäre da zu „gute“ Letzt noch der gekaufte Geschmack. Eine Großspende der Familie Quant, Hauptaktionär bei BMW, in Höhe von 690.000 Euro. Selbstverständlich glauben die Wählerinnen und Wähler fest daran, dies stehe nicht in Verbindung mit der effektiven Verhinderung schärferer CO2-Werte innerhalb der EU durch Bundesumweltminister Altmaier. Allein dieser Vorgang sollte für die SPD Grund genug sein, Koalitionsverhandlungen auf Eis zu legen.