Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Unabhängig davon, ob man den Kommunismus oder den Kapitalismus für die bessere Idee hält, gibt zwischen beiden Formen durchaus Gemeinsamkeiten — oder sollte sie zumindest geben. Solche Gedanken gehen mit durch den Kopf, wenn ich über besonders üble Auswüchse geschäftlichen Gebarens lese.
Die Standortdebatte bei Amazon ist, wenn man sich andere Fälle der letzten Zeit ansieht, noch vergleichsweise harmlos. Starbucks macht zum Beispiel nicht nur wegen seiner gemütlichen Sofas und seinem Kaffee von sich reden, sondern auch wegen seiner Geschäftspraktiken. Das das Unternehmen allerdings seit 2005 in Deutschland keine Steuern abführt, erfuhr ich auch erst aus dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dem deutschen Staat, so der attac, entgehen durch Starbucks und andere US-Unternehmen jährlich 100 Milliarden an Steuereinnahmen. Durch ganz legale Steuertricks. Sinnvoll wäre in diesem Fall die Einführung einer Gesamtkonzernsteuer, wie attac auf der Webseite (zur jüngsten Aktion mit eigenen Starbucks-Gutscheinen) fordert.

Die Feststellung, solche Konzerne würde die hiesige Infrastruktur verwenden, ohne für deren Erhalt aufzukommen, ist bestechend einfach. Als Bürger fragt man sich, warum man selber sogar für die Straßenreinigung über die Nebenkosten seiner Mietwohnung zahlen muss.

Geht das nicht noch schlimmer? Geht es. Mir persönlich verschlug es die Sprache, als ich von der Übernahme des Sanitärherstellers Grohe las. Dabei ist es nicht die jetzige Übernahme durch ein branchennahes japanisches Unternehmen, sondern die vorhergehende durch Finanzinvestoren. Wenn man die Details des damaligen Deals betrachtet, kann einem nur schlecht werden.

Ein Drittel des damaligen Kaufpreises für Grohe wurde von den Investoren selber bezahlt. Für den Rest wurde ein Kredit aufgenommen. Dieser Kredit wurde anschließend Grohe, als der Firma, die vom Finanzinvestor aufgekauft wurde mit dem zum größten Teil geliehenen Geld, aufgebürdet. Jahr für Jahr zahlt das Unternehmen allein an Zinsen dafür 85 Millionen Euro — für seine eigene Übernahme. Das ist in etwa so wie in China, wo man die Kugel für den durch Genickschuss zu Tode verurteilten den Hinterbliebenen in Rechnung stellt.

Sozial ist an dieser Form der Marktwirtschaft nichts mehr. Firmen, die sich wie rücksichtslose Raubtiere verhalten, gefährden den Gesamtbestand.

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