Nehmen wir mal folgendes an: Ein Journalisten-Team aus der Schweiz wäre unterwegs in Berlin und würde Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziére zum Drohnenprojekt der Bundeswehr kritische Fragen stellen. Völlig überfordert mit der Situation liefe de Maiziére vor laufender Kamera davon und würde dann einen Anruf bei Bundeskanzlerin Angela Merkel tätigen, diese dann um Hilfe bittend. Stellen wir uns vor, Frau Merkel nähme den Anruf im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung entgegen und würde sich kurz darauf im Rahmen eines Zeitungsinterviews wie folgt äußern über die Schweizer Journalisten:
Das geht so nicht, da werde ich mich sofort drum kümmern. Die müssen raus aus Deutschland.
Das wäre ein Skandal, der hohe Wellen schlagen würde. Die Reaktion der Bundeskanzlerin würde zu Recht als Angriff auf die Pressfreiheit interpretiert. Nicht nur die Schweiz würde sich empören, sondern auch einige andere Länder. Es wäre wahrscheinlich, dass Merkel sich letztendlich noch vor der Bundestagswahl zum einem Rücktritt genötigt sehen würde. Selbstverständlich ist das alles nur spekulativ. Tatsächlich würde sich kein Politiker in einem demokratischen Land wie der Bundesrepublik ernsthaft so äußern. Pressefreiheit ist hierzulande ein hohes Gut, zudem kann man nicht einfach jemanden aus dem Land schmeißen, wenn einem seine Fragen nicht passen. Vor allem vor einer wichtigen Wahl täte sich niemand ein Gefallen damit.
Niemand? Nicht wirklich. Schließlich gibt es Horst Seehofer (CSU), den noch amtierenden Ministerpräsidenten von Bayern. In diesem Bundesland finden im September ebenfalls Wahlen statt. Seehofer scheint sich seiner Wiederwahl sehr sicher zu sein, ansonsten hätte er nicht so wie oben zitiert geäußert. Nur das er nicht von Deutschland, sondern von Bayern sprach. Auch war der Anlass leicht anders, denn er wurde von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) angerufen und die Journalisten kamen nicht aus der Schweiz, sondern vom WDR – wobei Nordrhein-Westfalen für Bayern bereits als Ausland gilt und man zur Berichterstattung vom WDR ein traditionell schwieriges Verhältnis hat.
An der abfälligen Äußerungen von Horst Seehofer irritiert einiges, nicht nur sein Verständnis von Pressefreiheit. „Raus aus Bayern“, so was zeigt ein grundsätzliches Missverständnis. Bundesbürger, (auch EU-Bürger, aber das wäre ein anderes Thema), besitzen das Recht, sich innerhalb des Bundesgebietes frei zu bewegen und aufzuhalten (mit Ausnahme wie militärische Speergebiete etc.). Dieses Recht gilt auch für Journalisten vom WDR. Man kann sie daher nicht einfach aus Bayer rauswerfen lassen. Zudem ist Bayern kein Königreich mehr, auch wenn sich das Bundesland „Freistaat“ nennt. Es ist ein reguläres deutsches Bundesland (Bayern mögen das anders sehen, aber wir bleiben mal hier bei den Tatsachen). Im übrigen ist einer der Journalisten auch noch gebürtiger Bayer. Horst Seehofer hätte ihn daher dann „ausbürgern“ müssen.
Für die Selbstherrlichkeit von Horst Seehofer wäre ein Rücktritt angemessen. Das wird nicht passieren. Und bei den eigenen Wähler wird ihm sein Verhalten auch noch Sympathien bringen. In der Zeit, als es die DDR noch gab, stand an den Grenzen des von West-Berlin Schilder: „Achtung, Sie verlassen den demokratischen Sektor!“. Die liegen bestimmt noch irgendwo rum. Sinnvoll wäre es, sie an der Grenze zu Bayern aufzustellen.
Eine Antwort
Das schlimme ist, dass er sich seiner Wiederwahl auch ziemlich sicher sein kann. Bayern ist ein CSU Land und es wird ein CSU Land bleiben – leider.