Bei manchen Äußerungen des politischen Flugpersonals weiss man nicht, ob sie Ergebnis des nachrichtenarmen Sommerlochs, Wahlkampfgetöse oder aber auf einen Quartalsirren zurückzuführen sind. Bei der Forderung nach einer Autobahnmaut für Ausländer könnte sogar alles gleichzeitig zutreffen.
Stets um das Wohl seiner bayrischen Wähler bedacht fordert der derzeitige Tabellenführer, bzw. Ministerpräsident von Bayern, künftig ausländische Autofahrer auf deutschen Autobahnen zur Kasse zu bitten. Schließlich wird von Bayern aus gesehen anderswo, wie in Österreich oder der Schweiz, auch Geld für die Benutzung der Straßen verlangt. Einwände wie den, dass dort nicht nach Herkunft selektiert wird sondern jeder zahlen muss, gehen im Geräusch der starteten PKW`s zum Sommerferienbeginn im südlichsten Bundesland unter.
Wir hier weiter im Norden wissen, wie anders die Bayern schon immer waren. Nicht ohne Grund spricht man von diesseits und jenseits des Weißwurstäquators. Für uns aus Nordrhein-Westfalen sind die Bayern, wenn man es denn genau nimmt, Ausländern. Und so gesehen ist es völlig in Ordnung, wenn Horst Seehofer einer „Ausländer-Maut“ einführen will. Schließlich kann NRW das Geld aus Bayern gut gebrauchen, um sein marodes Straßennetz zu sanieren.
Möglicherweise aber würde die Maut gar nicht zweckgebunden verwendet werden, sondern in andere Kassen fließen. Allen voran die Deutsche Bahn hätte eine Finanzspritze bitter nötig. Aus lauter Verzweiflung verzichtet man derzeit darauf, den Bahnhof Mainz anzufahren. Es fehlen dort Fahrdienstleiter. Entweder weil sie krank, im Urlaub oder gar nicht erst eingestellt wurden. Letzteres resultiert aus den Plänen, die Bahn an die Börse zu bringen. Nein, nicht an die ihrer Kunden, da bedient sich der Konzern bereits großzügig, sondern an die richtige Börse. Daher heisst es schließlich auch „Bahn AG“. Um der Gerechtigkeit Genüge zu tragen sollten auch die 60.000 Überstunden der Mitarbeiter in den Stellwerken nicht verschweigen werden. Engpässe, wie es jetzt behauptet wird, sind das nicht. Sondern bewusstes in Kauf nehmen.
Einzelnen Personen die Verantwortung in die Schuhe zu schieben mag zwar kurzfristig populär sein, verhindert aber die Beseitigung der wirklichen Ursachen. Ehrlicher wäre es, und da ist auch die Bundesregierung als Eigentümer in der Verantwortung, welche Zukunftspläne für die Bahn angefacht sind. Möglicherweise kommt man zur Einsicht und lässt die Pläne zur Privatisierung endgültig fallen.
Den Pendler aus Mainz und Umgebung nützt das in diesen Tagen allerdings wenig. Ihnen bleibt mangels Alternative nur über, aufs Auto umzusteigen. Zum Glück gibt es einen einheitliche PKW-Maut noch nicht im Bundesgebiet – man freut sich daher, genau einen Grund weniger zum ärgern zu haben.