Es wird häufiger behauptet, Diäten wären zwecklos weil sie nicht funktionieren würden. Das kann man so eigentlich nicht stehen lassen, denn es kommt auf ganz unterschiedliche Faktoren an. Im Mittelpunkt steht selbstverständlich derjenige, der auf Diät gesetzt wurde – von sich selber oder durch andere. Auch ist es nicht unerheblich, um was es bei der Diät geht. So ist die beste Diät in Bezug auf die Ernährung relativ chancenlos, wenn der „Patient“ heimlich in Schubladen und Schränken Süßigkeitenvorräte angelegt hat.
Entscheiden bei einer Diät ist die eigene Selbstdisziplin, bei der auch die Frage, ob man sich mit der Diät wohl fühlt oder nicht eine Rolle spielt. Aber eigentlich sind Diäten hier ein schlecht gewähltes Bild. Obwohl es in gewisser Weise schon um etwas ähnliches geht.
Fangen wir daher noch mal von vorne an. Am besten, in dem ich etwas weiter aushole. Vor etwas mehr als einem Jahr kündigte ich mein langjähriges Abo der Süddeutsche Zeitung. Informationsdiät, wenn man so will. Zwei Tageszeitung waren etwas zu viel, beide schaffte ich nicht zu lesen. In Bielefeld ging das mit der Neuen Westfälischen und der SZ noch ganz gut, in Köln mit dem Kölner Stadt-Anzeiger und der SZ zusammen mehrte sich der Stapel mit ungelesen Artikel bedrohlich.
Aus guten Gründe steht für mich seit ein paar Jahren schon fest, dass der Verzicht auf eine lokale Tageszeitung auf Dauer keine gute Idee ist. Man bekommt einfach nicht mit, was in der Region passiert. Webseiten sind dafür zumindest für mich kein gute Ersatz, da ich dann doch eher den Lokalteil nicht lese. Außerdem kann man mit Onlineartikeln keine Schuhe ausstopfen.
Die Entscheidung fiel also gegen die SZ. Mittlerweile merke ich allerdings, dass mir diese Diät nicht wirklich bekommt. Mein Kopf fühlt sich zeitweise ganz ausgetrocknete an. Oder um Diätbild zu bleiben: ich fühle mich als wäre ich nur noch Haut und Knochen. Ab und an Die Zeit zu lesen hatte ich mir zwar vorgenommen, sehr oft bin ich allerdings nicht dazu gekommen. Ich behelfe mir dann immer mit den Artikel aus dem Internet, wobei längst nicht alles online erscheint. Und die die Sache mit den Schuhen auch nicht gelöst wird.
Von der SZ sage ich ganz gerne, dass sie durchaus meine Art zu denken ein Stück weit beeinflusst hat. Beim Kölner Stadt-Anzeiger merke ich mittlerweile eine gewisse Fahrigkeit bei mir, wenn ich Artikel lese. Vor allem dann, wenn es Agenturtexte sind, die ich Stunden vorher schon auf andere Weise gelesen habe. Insbesondere im Bereich Politik und Wirtschaft hat mich die SZ mit mehr Artikeln verwöhnt – und mit etwas mehr Tiefe. Währe der Wirtschaftsteil des KSTA ein Knochen, ließe sich daraus nicht mal mehr eine ordentliche Suppe kochen.
Viel entscheidender als die Frage, welches die richtige Tageszeitung für einen ist oder was man sonst noch dazu lesen sollte ist der Faktor Zeit. Gestern morgen auf dem Bahnhof sah ich eine junge Frau mit der aktuellen Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft. Wehmut erfasste mich. Das Magazin würde ich auch gerne lesen. Nur ist mir nicht ganz klar, wann das möglich sein soll.
Gerade wenn man selber schreibt oder schreiben will und das nicht hauptberuflich machen kann, muss man sich die Zeit sorgfältig einteilen, die einem noch zur Verfügung steht. Zwei Tageszeitung haben in der Vergangenheit bei mir dazu geführt, dass ich werktags nicht mehr zum lesen eines Buches kam. Schließlich wollten die Zeitung auch gelesen werden. Und trotzdem reichte die Zeit nicht. Momentan versuche ich, zumindest die Zugrückfahrt von Essen nach Köln zum lesen von Büchern zu nutzen. Das sind dann pro Woche und vier Tagen, die ich fahre, auch nicht besonders viele Stunden.
Tägliches bloggen, das Thema hatte ich gestern ja schon mal, erfordert ebenfalls Zeit. Wenn ich schon mal zusammenfassen, sind das täglich drei Stunden, die weg sind für Zeitung, Buch und Blog. Je Buch brauche ich ein bis zwei Wochen, bei einem guten Krimi geht es schon mal deutlich schneller. Damit habe ich noch keine einzige Zeile Prosa geschrieben. Je nach Text setzt das auch noch Recherche voraus.
Für mich ergibt sich daraus die spannende Frage, wie es andere Autoren handhaben, wie ihr tägliches Lesepensum aussieht. Gibt es Dinge, auf die man verzichten kann oder andere, unbedingt notwendig sind? Selber Krimis zu lesen halte ich für ebenso wichtig wie die Tageszeitung, denn an dem Spruch „das Leben schreibt die besten Geschichten“ ist was dran. Autoren brauchen Quellen der Inspiration und nirgends bekommt man die so einfach zur Verfügung gestellt wie durch eine Tageszeitung.
Bei allem anderen bin ich mir jedoch unsicher. Gibt es etwas, was man unbedingt noch lesen muss? Oder liegt die Lösung doch in einem radikalen Verzicht? Das wäre dann eine noch strengere Diät. Die beim Lesen durchzuhalten, würde mir schwer fallen. Nein, eigentlich wäre es sogar unmöglich. Auf Fernsehen zum Beispiel kann ich ziemlich gut verzichten. Möglicherweise bin ich auch nur schlecht trainiert und lese zu langsam.
4 Kommentare
Das Thema treibt sicher Viele um und was ich aus eigener Erfahrung sagen kann: mehr freie Zeit ist auch keine Lösung, weil damit auch der Lesestoff/die Interessen zunehmen. Das Ganze verschiebt sich sozusagen auf ein mengenmäßig höheres Niveau.
Ich glaube, dass nur geplante Einschränkung bzw. Selektion hilft. Welche Themen interessieren mich so, dass ich dafür Zeit aufwenden will? Mit der regionalen Tageszeitung bin ich meist zügig durch, lese die Artikel erst mal schnell quer und ggf. den ein oder anderen gründlich; meist ist querlesen ausreichend. Eine überregionlae lese ich nicht mehr, eventuell mal am Wochenende. Regelmäßig lese ich die „Die Zeit“, aber auch da gehe ich nach der vorstehend geschilderten Methode vor.
Bücher „bewerte“ ich schon beim Kaufvorgang – Klappentext (oft habe ich vorher schon etwas darüber gelesen), dann ein paar Passagen des Textes, dabei merke ich relativ schnell, ob es sich lohnt, dafür Zeit aufzuwenden. Irre ich mich, wandert das Buch dann schnell in einen öffentlichen Bücherschrank.
Ferngesehen wird extrem selektiv; da komme ich vielleicht auf 2 Stunden /Woche.
Was hilft, ist eine Zeitplanung, sofern man nicht generell gegen Planung der sog. Freizeit ist. Aber damit bist Du ja sicher ausreichend vertraut.
Wie gesagt – zufrieden in dem Sinne, das man meint, mal richtig Zeit für alles zu haben, wird man nie sein. Beschränkung ist immer erforderlich.
Mit der Beschränkung triffst du es ziemlich genau. Leider aber auch mit dem Hinweis, nie einen Zustand der Zufriedenheit erreichen zu können. Anders gesagt: würden am heute keine Bücher mehr geschrieben, hätte ich nicht mal so viel Zeit bis zum Lebensende, all die guten und lesenswerten Bücher zu lesen.
Das Problem habe ich auch immer wieder. Bei mir verschärft es sich noch dadurch, dass ich durch meinen Job beim Film regelmäßig auch noch Drehbücher lesen muss. Manchmal tröste ich mich mit dem Gedanken, dass ich im Rentenalter endlich das SZ-Abo, die Bücher in meinem Bücherregal und den ganzen Rest in Ruhe lesen kann. Leider bekam ich zu diesem Traum schon den Einwand, dass es bis dahin vielleicht das alles nur noch elektronisch gibt. Ob mir das zu durchstöbern dann noch Spaß macht, weiß ich allerdings nicht…
Der Gedanke ist leider wenig tröstlich, denn bis zur Rente erscheinen noch ganz viele spannende Bücher. Elektronisch wäre kein Problem für mich, ich mag beide Formen des Buches. Liebhaberstücke gedruckt, der Rest zum konsumieren elektronisch.