Morgens halb sieben irgendwo in Nippes. Während der Körper sich langsam damit abfindet aufstehen zu müssen, registriert das Bewusstsein bereits eine ganz andere Veränderung. In der Wohnung riecht es nach Maggi. Spontane erste Vermutung: das Essen von vom vorherigen Abend. Also schnell noch die Fenster aufreißen, die noch zu waren. Keine besonders gute Idee, wie mir nach wenigen Minuten klar wurde. Der Geruch kam von draußen und verbreitet sich in rasanter Geschwindigkeit weiter in der Wohnung.
Schnuppernd stand ich auf dem Balkon und versuchte zu ergründen, wo der Geruch herkam. Einer der Nachbarn schien nicht dafür verantwortlich zu sein. Möglicherweise würde im Radio gerade etwas bekannt gegeben. Allerdings gibt es bei uns in der Wohnung seit Jahren kein Radio mehr. Für Musik habe ich spotify und Wortbeiträgen empfinde ich eher als störend, wenn ich ein Radio nebenbei laufen lassen würden. Und beim Frühstück lese ich Zeitung. In der aus nachvollziehbaren Gründen noch nichts stand.
Dank Internet stehen einem noch andere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung zur Verfügung. In meinem Fall nutzt man einfach den virtuellen Pausenhof, auch Twitter genannt.
Ein paar Minuten wusste ich dann von @hinrinde, dass es auch in Ehrenfeld nach Maggi stank. Schnell mehrten sich weitere „Sichtungen“, der Kölner Stadt-Anzeiger sprang auf das Thema an. Während die Kölner Feuerwehr sich dran machte, nach den Ursachen zu forschen, bastelte der Blogger Droid Boy eine Google Karte zum eintragen der Stinkorte.
Noch skeptisch, ob das, was hinter dem Geruch stecken musste, gesundheitsgefährlich war oder nicht, hatte ich mich inzwischen ins Büro nach Essen geflüchtet und verfolgte den weiteren Verlauf des Themas aus sicherer Entfernung. Via Twitter fand sich dann auch der passende Begriff für den Vorfall: Maggikalypse
Auch wenn immer noch nicht die Ursache des Geruchs geklärt werden konnte, bewiesen die Kölner, aus welchem Holz sie geschnitzt sind. Sie nahmen den Vorfall mit viel Humor. Vom passenden Song „Es ist noch Suppe da“ bis zur Spekulationen, ob 4711 von Maggi übernommen worden sei schwappten die Gerüchteküche durchs Social Web.
Bild: 1live
Etwa gegen 14 Uhr gab es dann erste Infos, was den Geruch verursachte. In einem Chemiebetrieb in Neus hatte es einen Brand gegeben, bei dem ein Stoff namens Sotolon freigesetzt wurde. Der riecht, abhängig von der Konzentration, nach Maggi, sei aber unbedenklich. Unbedenklich ist auch Atommüll, der in Salzstöcken gelagert wird. Zumindest theoretisch und bis jemand dahinter kommt, dass das doch keine so gute Idee war.
Wie dem auch sei. Als ich abends in Köln-Deutz aus dem ICE stieg, roch es wieder wie gewohnt. Zwar nicht nach Blumenweise, Mischwald oder Seeluft, aber das kann man in Köln auch nicht erwarten.
Das Spannendste an dem Vorfall war wie ich finde die Art, wie sich ein solches Thema über das Internet verbreitet. Man konnte über Twitter „live“ verfolgen, wie immer mehr Meldung eingingen, wie die Medien reagierten und wie das Krisenmanagement ablief. Dabei stellt sich mir jedoch die Frage, was passiert wäre, wenn die Geruchswolke eine ernsthafte gesundheitliche Gefährdung bedeutet hätte. Als Kanal ist Twitter wirklich ganz nett, aber im Ernstfall sollte es noch eine andere Informationsmöglichkeit geben. Gedanken, die ich mir nicht zum ersten Mal mache.