Diese Woche feierte die SPD ihr 150-jähriges Bestehen. Da darf man schon mal gratulieren. Über die großartigen Momente der deutschen Sozialdemokratie kann man viel lesen derzeit. Auch über den Mut ihrer Mitglieder wie Otto Wels, der zusammen mit den anderen Genossen im Reichstag das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten ablehnte.
Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.
Otto Wels (SPD) während der Reichstagssitzung vom 23. März 1933
Nach so einem Zitat hält man für einen Moment inne und versucht sich vorzustellen, was es erfordert, sich so gegen den Strom der Zeit zu stellen. Eine Partei mit so langen Tradition hat sich aber nicht immer nur für Freiheit und Chancengleichheit eingesetzt. In der Geschichte der SPD gab es auch genügend Platz für Irrtümer.
Die Agenda 2010 muss man nicht anführen, denn auch wenn sie eventuell vernünftig (was immer noch ein Unterschied zu richtig ist) gewesen sein, sie hat der SPD nachhaltig geschadet. Es ist sofern ein Ereignis aus der Vergangenheit, welches weiter wirkt und auch auf die kommende Bundestagswahl immer noch ausstrahlen wird.
So gehört zur SPD leider auch die Petersberger Wende – der Asylkompromiss zwischen den Unionsparteien und der SPD, der mich damals aus der Partei trieb (fast zwei Jahrzehnte machte ich diese Entscheidung wieder rückgängig). Die SPD hatte auch hinsichtlich der Nutzung der Atomkraft eine unrühmliche Rolle. Auf Grund ihrer Fortschrittsgläubigkeit (die bei FDP und überwiegend auch bei der CDU vorhanden war) wurde die friedliche Nutzung der Atomenergie vorangetrieben, Kernkraftwerke gebaut und so der Grundstein für die Entstehung der Grünen gelegt.
Die alte Tante SPD hat schon viel mitgemacht. Zurück blicken ist mitunter wichtig, meistens ganz nett. Wichtig ist aber der Blick nach vorn. Was zur Frage führt, wie sich die Sozialdemokraten neu aufstellen wollen.
Die wichtigste Frage für die SPD ist die, wie sie nach der Bundestagswahl reagieren wird, wenn es, was sehr wahrscheinlich ist, nicht zu einer Koalition mit den Grünen reichen wird. In einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung brachte es Egon Bahr, Politiker und langjähriges SPD-Mitglied gut auf den Punkt. Er lehnt zurecht eine große Koalition ab.
Die SPD wird in einer großen Koalition nur klein gemacht.
Egon Bahr
Zu befürchten wäre auch eine Spaltung der Partei bei einer großen Koalition. Wenn die SPD etwas aus ihrer eigenen Geschichte lernen kann, dann auf jeden Fall das: Politik kann man auch aus der Opposition heraus machen. Manchmal ist das sogar besser, als seine eigene Ideale zu verraten.