Manchmal beschleicht mich das Gefühl, ein Trüffelschwein für Literatur zu sein. Die Tiere finden die wertvollen Edelpilze im Wald instinktiv. Niemand würde auf die Idee kommen, sie zu fragen wie das funktioniert.
Bei guter und vor allem lesbarer Literatur geht es mir ähnlich. Da hilft auch der lange zurück liegenden Deutsch Leistungskurs nichts. Aber ich schweife ab, obwohl ich noch gar nicht angefangen habe. Anfang des Monats stieß ich beim Mörderisches Vergnügen 2013 auf „Das Glücksbüro„von Andreas Izquierdo – mein persönliches Highlight an diesem Abend.
Es hat etwas länger gedauert, dieses Buch zu Ende zu lesen. Das liegt aber nicht am Handlung oder an der Art, wie Izquierdo schreibt, sondern ganz im Gegenteil. Einen guten Whisky trinkt man schließlich auch langsam und in kleinen Schlucken, um ihn richtig zu genießen. Und das Buch von Andreas Izquierdo sollte man genießen, denn das hat es verdient. Dazu tragen auch die poetischen Bilder bei, mit denen Izquierdo Szenen beschreibt.
Offenbar war er im Klopapierhimmel angekommen, den rechts und links türmte sich weiß und flauschig, zwei-, vier-, sechs- und achtlagig das Poweiß in unzähligen Rollen. Alles war hell, wolkig, hygienisch. Selbst das Licht, sodass Albert schnell nach anderen, dunkleren Gängen Ausschau hielt. Die Waschmittel waren kaum besser, Hautpflege auch nicht. Erst der Kaffee brachte Linderung, es war, als hätte jemand die Farben leiser gestellt.
Die Hauptfigur des Buches ist Albert Glück, der im Amt für Verwaltungsangelegenheiten arbeitet. Keiner seiner Kollegen weiß, dass Albert dort nicht nur arbeitet, sondern auch wohnt. Das Amt gibt ihm Sicherheit, weil alles seine Ordnung. Eine Ordnung ohne die Albert nicht im leben zurecht findet, wie er glaubt.
Wie kaum jemand anders kennt sich Albert mit sämtlichen Vorschriften, Vorgaben und Anträgen aus. Daher trifft es ihn besonders, als eines Tages ein Antrag auf seinen Schreibtisch flattert, den er nicht zuordnen kann. Schlimmer noch, der Antrag beantragt nichts. Sämtliche Versuche, den Antrag loszuwerden, scheitern. Daher macht sich Albert Glück auf die Suche nach der Antragstellerin, einer gewissen Anna Sugus, die einen so schön ordentlichen Namen hat. Im Kontrast zu ihrem Namen steht ihr ganzes Verhalten als Künstlerin, welches Albert zuerst verwirrt, dann aber auf eine magische Weise anzieht.
Was sich auf den ersten Blick wie eine kleine Liebesgeschichte anhört, ist viel mehr. Das Buch besitzt mehrere Schichten, durch die man sich durchgräbt und immer wieder zu einer Neubewertung der Handlung kommt. Das Ende lässt sich kaum verraten, ohne der Geschichte einen ganz besonderen Moment zu nehmen. Daher muss man es selber lesen, um zu erfahren, was es mit Albert Glück auf sich hat.
Noch mal zurück zum Anfang. Literatur ist etwas, was auf andere Gedanken bringt, einen ganz bestimmten Punkt ins Bewusstsein ruft . Am Ende eines Buches ist der Leser, wenn auch nur in Nuance, verändert. Die Geschichte klingt in ihm nach, hat etwas bewirkt. Daher ist „Das Glücksbüro“ nicht nur ein gutes und lesenswertes Buch, sondern auch ein Stück Literatur.