Im Kölner Stadt-Anzeiger findet sich heute auf Meinungs-Seite ein Artikel mit der Überschrift „Gleichstellung um jeden Preis“ der auch noch mit dem Zusatz „Was Recht ist“ gekennzeichnet ist. Dabei geht es weniger um Recht denn um die persönlichen Befindlichkeiten von Dr. Michael Bertrams , ehemaliger Präsident des Verfassungsgerichtshofs, der seine Meinung an prominenter Stelle zum Besten geben darf.
Vordergründig dreht es sich um die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Tatsächlich aber wettert Bertrams in erzkonservativer Manier gegen die „Homo-Ehe“. Allein den Begriff so zu verwenden, ist schon ein Grund sich für den Mann zu schämen. Korrekt heisst es nämliche Gleichgeschlechtliche Ehe, aber das nur am Rande.
In einer überlangen Einleitung, nach der er erst zum Kern der Sache kommt, hebt Bertrams in seinem Kommentar Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes hervor, welcher die Ehe unter den besonderen Schutz stellt. Klar betont Bertrams den gesellschaftlichen Wandel:
Rechtliche Grundsätze und Normen unterliegen – ebenso wie moralisch-ethische Anschauungen – einem inneren Wandel, sie treffen auf neue Anschauungen und Sichtweisen, auf eine mitunter dramatisch veränderte Welt, das heißt auf eine gewandelte Lebens- und Verfassungswirklichkeit.
Quelle: KSTA 55/2013, S. 4
Das ist in der Form ziemlich treffend beschrieben. Man könnte es daher dabei belassen. Bertrams dagegen spricht in Bezug auf die Gleichgeschlechtliche Ehe von einer „Erosion der Ehe“, die sicher nicht so von den Frauen und Männern, die das Grundgesetz entworfen haben, beabsichtigt gewesen sei. Das ist, mit Verlaub, eine unangebrachte Mutmaßung. Zudem negiert es die Möglichkeit, Gesetze an die sich ändernde Lebenswirklichkeit anzupassen. Konservativer geht es kaum noch.
Betrams reitet auf dem Begriff Ehe herum, als ob diese wirklich sakrosankt wäre. Das ist sie eben nicht. Vielleicht im kirchlichen Bedeutungsumfeld, nicht aber in demokratischen Rechtsrahmen unserer Gesellschaft.
Die ablehnende Haltung von Bertrams zeigt sich auch darin, dass er dem Bundesverfassungsgericht vorwirft, sich zum Motor eines problematischen gesellschaftlichen Wertewandels zu machen. Ein Erklärung, was an einer Gleichgeschlechtliche Ehe problematisch sein soll, bleibt er schuldig. Ist es Unwissen oder eine Art diffuse Homophobie, die Bertrams antreibt?
Die Gleichgeschlechtliche Ehe bezeichnet er als fragwürdige Nivellierung von Unterschieden.
Wie in anderen Ländern der westlichen Welt wird dann auch bei uns eine fragwürdige Runderneuerung gesellschaftlicher Werte abgeschlossen sein.
Quelle: KSTA 55/2013, S. 4
Wo vor, Herr Bertrams haben sie Angst? Das die Gesellschaft möglicherweise erkennt, dass jedes Kind, welches in einer Gleichgeschlechtliche Ehe aufwächst, ein Wunschkind ist? In konservativen Kreisen kursiert die Meinung, dass für ein Kind selbst Heimerziehung besser sei als von einem gleichgeschlechtlichen Paar großgezogen zu werden. Rückständiger kann ein Welt- und Menschenbild nicht sein.
Zumindest eins ist Bertrams gelungen: überregionale Aufmerksamkeit in den Medien zu erzeugen.