Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Es gibt Momente im Leben, wo ich über das Verhalten erwachsener Männer nur bedauernd den Kopf schütteln kann. Wenn jemand sich mit über 40 noch regelmäßig von der Mama bekochen lässt, zum Beispiel.

Mir ist es wirklich ein Rätsel, warum Mann sich freiwillig in so eine Form der Unabhängigkeit begibt. Da lasse ich nicht mal Faulheit als Argument gelten. Mir bedeutet selber kochen sehr viel. Es ist Ausdruck der eigenen Mündigkeit. Eine Notwendige Loslösung vom Elternhaus und gehört daher zum erwachsen werden dazu.

Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.

Als ich in der Oberstufe noch zu Hause wohnte (was in dem Fall normal ist), kochte ich bereits mein Essen unter Verwendung der Küchenutensilien meiner Mutter selber. Anlass damals war meine Entscheidung, mich vegetarisch zu ernähren (Mann hat manchmal so Phasen). Ich weiß noch genau, was meine Mutter damals zu mir sagte: „Du glaubst doch nicht, dass ich für dich extra koche.“ Tja, hat sie auch nicht und dafür bin ich auch dankbar. Für mich war das Anlass, selber mein Essen zu zubereiten. Gekocht habe ich selbstverständlich ganz anders.

Mittlerweile gibt es durchaus Gerichte von meiner Mutter, die ich selber koche. Dazu gehört unter anderem die traditionelle Rindfleischsuppe zu Weihnachten. Es gibt aber auch eine Menge Rezepte, die meine Mutter so niemals kochen würde. Und das ist auch gut so. Essen schafft Heimat. Die Art, wie und was wir essen, sagt viel über uns aus.

In einer Partnerschaft ist es wichtig, beim Essen eine möglichst große Schnittmenge zu haben. Das verbindet nicht nur, sondern erleichtert auch das Kochen. Mit den Jahren und zunehmenden Kocherfahrung traut man sich auch an komplizierter Rezepte heran. Dabei lernt man (sowohl mit doppelten m als auch Frau) zweierlei Dinge. Erstens, dass es Gerichte gibt, die einfach Zeit und Geduld brauchen. Ein Rinderbraten oder klassischen Erbseneintopf macht man nicht in 20 Minuten. Zweitens steckt viel Wissen in Großmutters Rezepten. Gerade aus wenigen Zutaten etwas außergewöhnliches zu zaubern ist hohe Kunst. Der bereits erwähnte Erbseneintopf zum Beispiel benötigt wenige Zutaten, hört sich einfach an, setzt aber einiges voraus.

Noch mal zurück zu dem, was ich einleitend geschrieben habe. Aus meiner Sicht hat das selber Kochen auch noch einen weiteren Vorteil. Ich kann nicht nur selber bestimmen, was ich wann kochen möchte, sondern kann mir meine Lieblingsgerichte jederzeit selber auf den Tisch zaubern. Die Bandnudeln mit Rindfleischragout und Rotwein, um die ich mich gleich kümmern werde, sind so ein Kandidat für ein Lieblingsessen. Und auch das Gericht benötigt Zeit, bis das Fleisch im Rotwein schön zart gekocht wurde. Beim späteren essen erfüllt mich jeder Bissen mit Stolz (zumindest wenn es schmeckt): Schau, das habe ich selber gekocht!

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