„Was nichts kostet, ist auch nichts wert.“
So oder ähnlich meine ich hat meine Großmutter damals über kostenlos Verteiltes geurteilt. Und in gewisser Weise hatte sie nicht nur recht, sondern der Ausspruch hat immer noch seine Gültigkeit. Bleiben wir aber noch für einen Moment in der Vergangenheit.
Die Kamelle, die früher beim Rosenmontagszug in Wesel geworfen wurden, besaßen zwei Eigenschaften. Sie waren hart und hatten wenig Geschmack, wenn man mal von den Unmengen Zucker absieht. Ihr entscheidender Vorteil jedoch war die kostenlose Verfügbarkeit. Zumindest an diesem einem Montag im Jahr. Man musste nur schnell und geschickt sein um sie vor anderen aufzufangen oder aufzuheben.
Obwohl wir Kinder wussten, wie ekelig die Kamelle waren, haben wir uns wie blöd gebückt und das Zeug in die Taschen gestopft. Weil es kostenlos war. Zu Hause ging es dann nur darum, wer mehr aufgesammelt hatte. Anschließend vergammelten die Kamelle in einer Dose oder wurden direkt weggeworfen.
Eingebrannt hat sich bei mir die Skepsis gegenüber kostenlos verteilten Sachen. Damit sind wird dann bei kostenlose eBooks. Der Artikel von Michael Modler „Gratis Ebooks: Kostenlos heißt am Ende auf Kosten aller Autoren“ brachte mich heute beim lesen zum nachdenken. Mir fiel wieder die Sache mit den Kamelle ein.
Mit dem Überangebot von Gratisprodukten […] sinkt fast zwangsläufig die Achtung gegenüber dem Urheber.
Michael Modler
Der springen Punkt ist dabei, wie stark das Internet Autoren dazu verführt, sich selber auszubeuten. Im Glauben dran, mehr Leser zu erreichen, verschenken wir die Früchte unsere Arbeit. Nach wie vor beseelt vom Glauben an das Selfpublishing. Dabei träumend von Variation des „Tellerwäscher wird Millionär“-Motivs. Die „Leser“ dieser Bücher – wird es nicht in Massen geben. Eher Menschen, die die eBooks runterladen, sich auf die Festplatte stopfen. Genau so wie wir damals die Kamelle. Es geht nicht darum, ein Buch mit Genuss zu lesen, sondern um das Sammeln von kostenlos verfügbarem Zeug, welches man eher gering schätzt.
Wir sind verdammt gut darin, uns selber zu belügen. Die ernüchternde Wahrheit: Selfpublishing ist das Methadon der Massen unveröffentlichter Autoren. Geben wir es doch offen zu, wie sehr wie nach dem „echten Stoff“ lechzen. Eine Veröffentlichung in einem seriösen Verlag. Das eigene Buch im Regal einer Buchhandlung sehen. Wer zittert da nicht innerlich vor Erregung.
Ich schweife ab. Es ging um die kostenlos angebotenen eBooks. Im Schweiße meine Angesichts arbeite ich über Monate an einem Krimi, von der Rohfassung bis zu letzten Überarbeitung. Es gibt für mich keinen, wirklich keinen Grund, das Ergebnis dieser Arbeit einfach zu verschleudern. So viel Selbstachtung vor meiner Arbeit habe ich noch. Wenn Texte an den Klippen des Lektorats scheitern sollten, bleiben sie in der Schublade. Das ist mir lieber, als sie kostenlos zu verteilen.
Sehr lange schon weiss ich um meine Liebe zum schreiben. Dabei unterscheide ich allerdings mittlerweile (und das war verbunden mit einem Prozess des Lernens) zwischen den öffentlichen Texten hier im Blog und dem, was darüber hinaus von mir geschrieben wird. Für sämtliche NaNoWriMo-Romane gilt das gleiche für einen großen Teil der Kurzgeschichten, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Sie bleiben so lange unter Verschluss, bis sich dafür ein Verlag findet. Das bin ich mir selber einfach schuldig.
3 Kommentare
Nun, ein E-Book selbst zu veröffentlichen (über Amazon zum Beispiel) bedeutet ja nicht, dass du es verschenken musst. Im Gegenteil, es kann dazu führen, dass ein Verlag auf dich und deine Bücher aufmerksam wird. Was natürlich kommen wird, damit die Bücher erfolgreich werden, ist, dass du Rezensionsexemplare verschenken musst.
Und ich widerspreche auch in dem Punkt, dass Kostenloses nichts Wert ist. Ich habe, durch die Amazon Aktion, ein kostenloses E-Book bekommen, was wirklich Klasse war. Ich habe mir daraufhin gleich den zweiten Teil bestellt, der jetzt Anfang Februar auf dem Markt kommt. Hätte es das kostenlose E-Book nicht gegeben, hätte ich mir den ersten Teil wahrscheinlich nie gekauft und somit auch nicht den zweiten Teil. Ein kostenloses E-Book kann also durchaus zur Win-Win-Situation für den Leser und den Autoren werden.
Hallo Sven,
Richtig. Verstehe auch nicht so ganz warum Thomas diesen Vergleich bemüht. Vielleicht war das auch nicht seine Absicht.
Nicht nur dass. Ich kenne beide Seiten (Bücher bei Verlagen und Selbst-Verlag bei Amazon). Und ich muss mittlerweile sagen, dass ich mittlerweile als Self-Publisher, nicht nur pro verkauftem Buch bzw. E-Book mehr verdiene, sondern auch in absoluten Zahlen. Zudem bleiben die Verwertungsrechte bei mir und ich entscheide wie ich es vertreibe und wie oft ich aktualisiere.
Self-publishing, vor allem die E-Book-Variante ist auch für etablierte Autoren interessant: zum Beispiel um kürzere Werke zu publizieren. Meine beiden E-Books waren für die Verlage zwar interessant, aber zu kurz (45 und 62 DIN-A4-Seiten), daher habe ich mich entschieden diese selber zu verlegen.
Beide Varianten habe ihre Vor- und Nachteile.
Grundsätzlich denke ich muss man unterscheiden zwischen Prosa und Fachliteratur. Hinzu kommt noch, ob man bereits ein bekannter Autor und Experte für ein Thema ist (wie Vlad) oder ein unbekannter Autor.
Ich würde an dieser Stelle eher die Meinung vertreten, dass man als etablierte Autor eher davon profitiert als wenn man noch unbekannt ist.
Das kann ich mir in der Kombination unbekannter Autor plus Fachthema, über das noch nicht viel oder gar nichts geschrieben wurde, vorstellen. Bei Prosa halte ich das für nahezu ausgeschlossen.
Verlage werden täglich mit Manuskripten zugeschüttet. Das Lektoren noch als Talentscout durchs Internet surfen, halten ich für einen Mythos.