Von allen guten und bösen Geistern verlassen

„Eigentlich schreibe ich ja nur für mich.“ Nicht nur während des NaNoWriMo, sondern auch darüber hinaus steht immer die Frage im Raum, für wen man eigentlich schreibt. Grundsätzlich gibt es dabei zwei Möglichkeiten. Entweder man schreibt, weil man gelesen werden will, mit dem Ziel einer Veröffentlichung, oder aber man schreibt nur für sich. Letzteres kann einem selber auch Freude machen. Schließlich muss sich auch niemand dafür rechtfertigen, wenn er zum Beispiel nur für sich selber Socken strickt.

Am besten kann man die Frage erstmal für sich selber beantworten. Bei mir ist es eindeutig so, dass ich Texte vor dem Hintergrund einer möglichen Veröffentlichung schreibe. Das gilt sowohl für die Blogeinträge, die bereits öffentlich sind, als auch für meine Kurzgeschichten und Roman-Projekte. Mir reicht es nicht, nur für die eigene Schublade zu schreiben.

Dann kann ich auch Tagebuch schreiben.
Zitat einer Teilnehmerin des NaNoWriMo-Treffens

Die Frage danach, für wen man schreibt, ist nicht nur eine rein philosophische. Die Antwort darauf beeinfluss das eigene Schreiben in erheblichem Umfang. Wenn man weiß, für wen man schreibt, verändert das die Art, wie geschrieben wird. Mit einer Veröffentlichung im Hinterkopf stellt sich unter anderem die Frage nach den Leserinnen und Lesern, für die der Text geschrieben wird.

Natürlich kann man es nie allen recht machen – und sollte es auch gar nicht. Trotzdem sind die Lese-Erwartungen nicht unwichtig. Das Wichtigste bei Roman ist aus meiner Sicht die Erfüllung eines Versprechens, welches man als Autor mit den ersten Sätzen seiner Geschichte ausspricht. Leser wollen vor allem eins: gut unterhalten werden. Meiner Meinung nach kann eine spannende Handlung sogar andere textliche Mängel bis zu einem gewissen Grad abmildern.

Wer den Text verschlingt, so gefesselt ist von der Geschichte und das Buch erst aus der Hand lesen kann, wenn er es ausgelesen hat, sieht über vieles Hinweg. Interessant wird es, wenn man diese Betrachtung umdreht. Ein sprachlich gelungenes Werk kann auch unterhaltend sein. Aus der eigene Leseerfahrung weiss man jedoch, dass dies nicht immer der Fall sein muss. In meinem Regal finden sich einiges an „Feuilleton-Literatur“. Hervorragend rezensiert, aber einfach nur langeilig.

Als Autor, der sich im Genre (Lokal-)Krimi bewegt, setze ich mich mit dem auseinander, was andere Autoren schreiben. Zudem beschäftig ich mit den möglichen Erwartungen der Leserinnen und Leser. Dazu gehört auch, den Markt zu beobachten. Dieses Wissen bleibt beim schreiben im Hinterkopf, auch wenn es erstmal in einer dunklen Ecke verbannt ist, wenn der erste Entwurf entsteht. Bei der Überarbeitung aber kommt nicht nur der innere Kritiker wieder aus dem Keller, sondern der Text wird auch in Bezug auf die beabsichtigte Veröffentlichung unter die Lupe genommen. Manchmal ist es sogar so, dass der innere Kritiker überstimmt wird.

Einen hundertprozentigen Text zu schreiben mag vielleicht möglich sein. Die meisten von uns werden dafür aber eine sehr lange Zeit benötigen. Wenn der Anspruch darin besteht, zu unterhalten, ist das unter Umständen nicht mal nötig. Ein guter Text darf es allerdings dennoch sein.

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