Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Im Mund der toten Nachbarin fand Dittmann Stoffreste. Ganz offensichtlich verstarb sie an akuter Atemnot. Die Lage ihres Körpers deutet zudem darauf hin, dass dies nicht freiwillig geschehen war.

Etwas auffälliges fiel Dittmann zuerst nicht auf. Neben dem Sofa stand ein Hundekorb mit karierter Wolldecke. Am Türrahmen stand ein leerer Mülleimer, rechteckig, ohne Deckel. Auf dem Wohnzimmertisch lag eine aufgeschlagene Fernsehzeitung. Daneben mehre Briefe. Einer davon hatte einen aufgerissenen Umschlag. Dittmann ging rüber zum Tisch. Der Umschlag enthielt keinen Brief mehr. Adressiert war er an Frau Doll, den Absender konnte er gerade noch lesen. Dukata Hausverwaltung. Der Vermieter des Hauses ließ darüber fast alle seine Immobilien betreuen. Dittmann steckte den Umschlag ein. Möglicherweise würde er irgendwo noch den Inhalt finden.

Von draussen vernahm er eine Stimme.

„Haben sie sie gefunden?“

Frau Sander befand sich noch immer im Treppenhaus. Wenn sie weiter so laut sein würde, könnte das die Aufmerksamkeit der anderen Nachbarn, soweit dieses denn zu Hause waren, erregen. Dittmann ging durch den Flur und vermied es diesmal, auf den Dackel zu treten. Der Wohnungsschlüssel von Frau Doll steckte auf der Innenseite. Ditmann nahm auch diesen an sich und verschloss die Tür hinter sich.

„Besser es geht da nicht noch jemand versehentlich herein.“

„Sie ist tot.“

„So viel steht schon fest. Kommen sie, ich bringe sie runter.“

Dittmann führte Sander ein Stockwerk nach unten und wollte sich an der Wohnungstür verabschieden.

„Sie gehen besser rein und packen erstmal aus.“

„Aber ich wollte heute noch zu meiner Mutter fahren. Schließlich ist Weihnachten.“

„Das sollten sie besser nicht. Lassen sie ihre Mutter doch hier hin kommen.“

„In ein Haus, in dem eine Leiche liegt? Sie sind geschmacklos Herr Dittmann.“

Der zuckte nur mit den Schulter und schloss seine Wohnung auf. Sollte sie doch dahin fahren, wo sie wollte. Schließlich musste er so etwas nicht mehr entscheiden. Dafür würde er jedoch seine ehemaligen Kollegen verständigen. Zumindest erschien es ihm richtig.

In der Schublade seines Schreibtisches fand er das abgegriffene Notizbuch aus echtem Leder, in dem er früher immer alle wichtige Telefonnummern eintrug. Dort stand auch die Durchwahl des Kriminialdauerdienstes.

Unmittelbar nach dem ersten Klingel hatte Dittmann jemanden an der Leitung.

„Heinz Dittmann, Kriminalkommissar a.D.“

„Mensch Dittmann, nett das du dich bei uns meldest. Willst uns wohl ein schönes Weihnachtsfest wünschen.“

„Äh ja, genau. Frohe Weihnachten.“

„Dir auch Dittmann, dir auch.“

Der ehemalige Kollege legte auf, bevor Dittmann einfiel, warum er angerufen hatte. Dafür wusste er wieder, warum er lediglich als Kriminalkommissar aus dem Dienst ausgeschieden war.

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