Laut Maya-Kalender ist heute der Tag des Weltuntergangs. Was sich damals wirklichen bei den Maya abgespielt hat, darüber kann nur spekuliert werden. Höchstwahrscheinlich war einfach kein Platz mehr auf dem Kalender für ein weiteres Jahr. Ähnliches ist aus der Neuzeit bekannt, als jemand auf die Idee kam, zweistellige Jahreszahlen müssten bei Computern ausreichen.
Der Glaube kann bekanntlich Berge versetzen und Aberglaube ist etwas, was sich unter Umständen in eine selbsterfüllende Prophezeiung verwandelt. Für Autoren ist beides interessant, nicht nur als Hintergrund einer Geschichte. Die Figuren, insbesondere die handelnden Hauptfiguren, sollten in ein Wertesystem eingebunden sein. Selbst ein atheistischer Antagonist glaubt – eben an die Nichtexistenz Gottes. Werte und Glauben beeinflussen nicht nur unser Leben, sondern auch das der fiktionalen Personen, mit denen wir unsere Geschichten bevölkern.
Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.
aus: Goethe, Faust I
Glaube und Aberglaube einer Figur können ihr zusätzliche Tiefe verleihen, wenn es der Autor vermag, dies geschickt in die Handlung einzubinden. Lediglich der Hinweis auf bestimmte Verhaltensweisen reicht nicht aus.
Eva las wie jeden Morgen ihr Horoskop.
Gerade ein Horoskop lässt sich einsetzen, um die Entscheidung einer Figur für eine Richtungsänderung zu begründen.
Eva erinnerte sich an das, was heute morgen in ihrem Horoskop gestanden hatte. Seien sie mutig und Tatkräftig. Ohne Riskikofreude werden sie noch lange auf alten Pfaden wandeln. So gesehen sollte sie auf das hören, was die Schlange ihr da gerade vorschlug, obwohl Eva das Verbot kannte.
Über das flache Beispiel hinaus lassen sich interessante Konstellationen entwickeln. Ein Mörder, der selber Angst vor dem Tod hat, weil er fürchte, danach für seine Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ein abergläubischer Kommissar, der es um jeden Fall vermeiden will, in das Haus mit der Nummer 13 zu gehen, obwohl von ihm erwartet wird, dass er den Tatort in Augenschein nimmt.
Gerade für den Protagonist in einem Krimi ist der Glaube eine wichtige Sache. Nicht nur im religiösen Sinne, sondern ganz allgemein. Was wäre ein Polizist, der nicht an Gerechtigkeit glaubt? Der nicht davon überzeugt ist, einer guten Sache zu dienen? Genauso gut lässt sich das umdrehen und eine widersprüchliche Figur konzipieren. Zum Beispiel ein nihilistischer Kriminalkommissar, dem fast alles egal ist. Der seinen Beruf nur noch nachgeht, weil er auf das Geld angewiesen ist. Sein Glaube könnte im Laufe seiner Berufsjahre verloren haben. Es liegt am Autor, dafür eine glaubwürdige Vorgeschichte zu entwickeln.