Der Täter ist in diesem Fall nicht der Gärtner. Es geht schließlich darum, einen guten Kurzkrimi zu schreiben und Klischees nach Möglichkeit zu vermeiden. Auf Grund es gewählten Settings bieten sich verschiedene Möglichkeiten an.
An vorderster Stelle stehen der Hauseigentümer und ein Immobilienmakler. Bei resoluten Mietern, die sich gegen eine Mieterhöhung genauso wie gegen den Wechsel in eine andere Wohnung wehren, greifen skrupellosere Zeitgenossen zu härteren Methoden. In Frage kommt für den Mord auch der Protagonist selber. Vielleicht weil ihm seine Nachbarin einfach zu laut gewesen ist. Ein gewöhnlicher Raubüberfall ist auch denkbar, für einen Krimi aber eher unpassend. Die Aussagekraft geht gegen Null, wenn das Opfer mehr oder weniger zufällig ausgewählt wurde, weil der Täter gerade Geld brauchte.
Das führt zu einem wichtigen Aspekt beim Krimi schreiben generell. Die Tat, um die es geht, sollte keineswegs so banal sein, dass die Spannung ausbleibt.
So oft Elisa auch ihren Badezimmerschrank durchsuchte, ihre Nagelfeile blieb verschwunden.
Es dürfte nur die wenigsten Leser interessieren, was mit der Nagelfeile passiert ist. Es bedarf zudem einer gewissen Fallhöhe in der Geschichte. Ein Obdachloser als Mörder ist zwar denkbar, aber reizvoller ist es, wenn es jemand aus gut situierten Haus ist, der zum Täter wird.
Somit gelangt man dann zu einem weiteren Bewohner des Hauses, dem Hipster. Sein Motiv könnte sein, dass er kein Motiv im eigentlichen Sinn hat. Viel mehr ging es ihm darum, einen Mord mal auszuprobieren. Nach einem Wochenendeinkauf stand die Tür des Opfer noch auf, so ergab sich dann die Gelegenheit.
Immer wieder beliebt sind auch Familienangehöriger als Mörder, was auch der Tatsache Rechnung trägt, dass die meisten Täter im näheren Umfeld des Opfers zu finden sind. Bei einer alleinstehenden ältere Damen kann es demnach nur um die Beschleunigung eines Erbvorgangs gegangen sein.
Damit wird die letzte Besucherin des Opfers, ihre ach so gute Freundin Beate, vergessen. Die beiden verstanden sich ganz gut, zumindest behaupten das ihnen nahestehende Personen, die nicht den heftigen Streit am letzten Donnerstag im Häkelkreis mitbekommen haben. Verletzte Gefühle sind ein starkes Motiv für einen Mord, ebenso stark wie Gier oder Rache.
Der Szenenplan sieht vor, dass der Protagonist zunächst in die Irre läuft. Dabei kann man schon für die richtige Spur später etwas unterbringen. Einen Gegenstand, der zunächst belanglos ist und daher unbeachtet bleibt. Sowohl der Leser als auch der Protagonist messen ihm keine Bedeutung bei. Bei „James Bond – In tödlicher Mission“ gibt es ein ähnlichen Trick, Gegenstände in Spiel zu bringen. Bond taucht im Meer und begegnet zum ersten Mal Melina Havelock. Sie lässt unten auf dem Meeresboden ihre Sauerstoffflasche zurück. Genau diese Flasche ist es, die später den beiden das Leben retten wird.
Im Krimi geht es aber zunächst einmal darum, jemanden vom Leben zu Tod zu befördern. Dabei ist der Mörder entweder nachlässig oder aber er platziert absichtlich ein Beweisstück in der Wohnung des Opfers. Die Frage ist nur, welcher Hinweis bringt den Ermittler letztendlich auf die richtige Spur?