Selbst wenn während des NaNoWriMo der inneren Kritiker in den Keller gesperrt wurde ist dies noch lange keine Garantie für einen fließenden Schreibprozess. Es ergibt sich immer wieder etwas, was einem aus dem Takt bringt.
Auch die so genannten Plotter sind davor nicht gefeit. Irgendwo hinter der nächsten Satzecke kann sich immer ein Loch auftun, in das man hineinstürzt. Wenn ich ins Stocken gerate, dann liegt es meisten daran, dass anfange zu viel nachzudenken statt einfach nur zu schreiben. Gewisse Unschärfen, gerade wenn es nur um etwas geht, was für Atmosphäre sorgt, sind selten ein Problem. Kritisch wird es, wenn es ans Eingemachte geht. Wenn man nicht sattelfest die Routinearbeit der Polizei kennt, passiert dann folgendes.
Die beiden Ermittler fahren zum Verdächtigen, um ihn zu befragen. Der gibt sich nicht nur wortkarg, sondern versucht auch noch, die Befragung im Vorfeld durch weglaufen zu vermeiden. Durch meine Zusammenfassung des Kapitels aus dem Oktober weiss ich, wo ich den Verdächtigen am Ende der Szene haben will. Jetzt stelle ich aber fest, dass mir da etwas Wissen fehlt.
Die Anzahl der Wörter pro Minute sinkt bedrohlich, da ich während ich noch weiter schreibe mit den Gedanken immer noch bei der Frage hänge. Dabei wäre das genau eine dieser Stellen für eine spätere zweite Recherche während er Überarbeitung. Dann schrillt der Wecker. Wach bin ich schon seit 5:30 Uhr, ist es ist nur gerade mal wieder ein 25 Minuten Block zu Ende gegangen. Zeit für das Frühstück.
Beim Tee hängt mir diese dämliche Frage immer noch im Kopf. Im Kölner Stadt-Anzeiger lese ich währenddessen wie üblich zuerst den Lokalteil (kann ich jedem Krimi-Autoren bei seiner Zeitung nur empfehlen). Ein Artikel, in dem Tim Stinauer über ein Kölner Ratsmitglied berichtet, welches jetzt in Untersuchungshaft sitz. Für nachfolgende Sätze würde ich Stinauer gerne ein Kölsch ausgeben:
Bei ihm ist aus dem Tatverdacht nun ein dringender Tatverdacht geworden – eines von zwei notwendigen Kriterien für einen Haftbefehl. […] Grundsätzlich wird Verdunkelungsgefahr angenommen, wenn ein Verdächtiger versucht, die Ermittlungen zu erschweren, etwa indem er Beweismittel vernichtet, Zeugen unter Druck setzt oder Aussagen mit ihnen abspricht.
Quelle: KSTA, 09/12/2012, S. 23
Besser kann man es einem Krimiautor während des Frühstücks nicht erklären.
Zwar gibt es noch immer Stelle, bei den ich mir unsicher bin, aber die kann ich hoffentlich im Nachhinein noch klären, denn nicht immer hat man solch ausgesprochenes Glück. Für das weitere Schreiben bedeute es für mich, noch skrupelloser über diese Fragen erstmal hinwegzugehen, solange sich zumindest keine Plotlöcher auftun, in denen die ganze Handlung absäuft. Aber das hatte ich ja bereits.