Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Noch bevor DER CHEF und ich hier ins Stellwerk 60 gezogen sind, fielen uns vereinzelt leere Einkaufswagen auf, die scheinbar unmotiviert herumstanden. So was kennt man eigentlich nur aus sozialen Brennpunkten, dachte ich.

Die Arbeitshypothese zum auch in den vergangen Wochen immer mal wieder auftauchenden Einkaufswagen war die, dass diese von außerhalb angeschleppt wurden. Entweder hatten Einwohner der benachbarten Hochhäuser die Wagen hier fremdgeparkt oder aber Kinder aus der Siedlung schleppten diese Wagen an. Kann ich verstehen, als Kind hätte mich so ein Wagen auf gereizt. Mich hätte allerdings stutzig machen sollen, dass ich bisher nie Kinder mit Einkaufswagen habe spielen sehen.

Wir leben alle mit mehr oder weniger vielen Vorurteilen im Kopf. Es überraschte mich ziemlich, als mir am Anfang der Woche klar wurde, wer die Wagen wirklich anschleppt. Ein Nachbar hier aus dem Haus, den ich sonst nur mit Anzug kenne, schob telefonieren einen diese Wagen, vollgepackt mit Einkäufen Richtung Kellereingang. Diese Siedlung hier ist kein Ort, wo bessere Menschen leben, im Gegenteil. Einige scheinen wirklich der festen Überzeugung zu sein, dass für sie Regeln grundsätzlich nicht gelten – aber wir hatten das ja bereits mit den Mülltonnen. Dem Nachbar werde ich bei Gelegenheit mal dazu interviewen. Seine Ausrede kann ich mir aber bereits jetzt schon vorstellen. Man können hier ja nicht mit dem Auto vorfahren um seine Einkäufe auszuladen. Es gibt Menschen, die wohnen autofrei und andere, die leben autofrei. DER CHEF und ich zählen uns zur letzter Gruppe. Auf die Idee, einfach so einen Einkaufswagen zu klauen (und nichts anderes ist das, was der Nachbar da gemacht hat), würden wir nicht kommen.

Man kann seine Einkäufe gut bis vor die Haustür schleppen. Selbst unsere IKEA-Käufe haben wir bisher immer ohne Einkaufswagen hierhin bekommen. Und wenn es wirklich mal etwas schwerer sein sollte, kann man sich immer noch einen Rollwagen von der Mobilitätszentrale ausleihen – wenn man denn will. Manche Menschen wollen das wohl nicht.

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