Wenn Frauen verschwinden, macht man und auch Mann sich so seine Gedanken. Selbst dann, wenn sie lediglich aus einem Katalog verschwinden. Bei Katalogen gibt es solche und „solche“, der derzeitige Fall von verschwindenden Frauen traf jedoch den aktuelle IKEA-Katalog. Jenes Möbelhaus, welches sich selber als unkoventionell begreift. Man spielt zwar gerne mit Motiven der schwedischen Tradition, gehört aber sonst eher zu den Progressiven.
Ein Stück weit verwundert daher die Retuschierungen in der saudi-arabischen Version des Katalogs. Es wird bereits sogar von Zensur gesprochen. Dabei sollte man die Pferde der Kavallerie erstmal im Stall lassen und in Ruhe bei einer Tasse Tee darüber nachdenken, was wirklich passiert ist.
Ein international operierender Konzern hat eines seiner Werbemittel den nationalen Geflogenheiten angepasst.
Das liest sich schon wesentlich unaufgeregter. Selbst wenn man als Konzern für die Gleichstellung von Männern und Frauen einsteht, wird der größte Teil der Firmenpolitik trotzdem wirtschaftlich begründet getroffen. Unabhängig davon, ob der Einzelne von uns dies moralisch vertretbar hält oder nicht. IKEA hat zwar ein Markenimage „bessere Welt“, im Zweifelsfall zählt aber der schnöde Mammon. Aus genau diesem Grund rudert das Möbelhaus jetzt auch zurück, nach dem die Retuschierung publik geworden ist. Schlimmer als ein paar Frauen im saudi-arabischen Katalog ist der mögliche Flurschaden, den IKEA erleiden könnte, wenn die Aktion dem Konzern nicht augenblicklich fruchtbar peinlich ist. Boykott durch Kunden in Europa sind unschön, so was vermeidet man gerne.
Wie es um die Rechte der Frauen in Saudi-Arabien bestellt ist, dürften die meisten von uns, auch ganz ohne IKEA, wissen. In welcher Fassung der dortige Katalog erscheint, wird an der gesellschaftlichen Situation nichts ändern. Das ist vermutlich auch nicht mal Aufgabe eines Möbelhauses. Die Retusche ist daher zumindest nachvollziehbar, wenn nicht sogar verständlich. Unsere Großeltern hätte das lediglich mit dem Spruch „Andere Länder, andere Sitten“ kommentiert. Und eben diese anderen Sitten gelten auch für ein „unmögliches“ Möbelhaus.
Auf einem ganz anderen Blatt stehen die Kataloge, die unter anderem in Deutschland verteilt werden. Da drin sind Frauen abgebildet und das ist auch gut so. Würde IKEA den Katalog für Deutschland überabeiten, weil hierzulande Fanaktiker mit der öffentlichen Verbrennung von Katalogen und Gewalt gegen Möbelhäuser drohen, gäbe es ein wirkliches Problem. Auch wenn der eine oder andere, egal welcher Glaubensrichtung er angehört, an dem Katalog in der derzeitigen Form etwas auszusetzen hat, in unserem Land gelten andere Konventionen und Werte. Wer diese Werte nicht teilt, ist nicht gezwungen in diesem Land zu leben. Meinen IKEA Katalog möchte ich genau in der Fassung haben, wie er jetzt ist. Und dafür würde ich notfalls auch auf die Barikaden gehen.