Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In einem Jahr, genauer gesagt zwischen Mitte August und Ende Oktober, wird die nächste Bundestagswahl stattfinden. Zumindest dann, wenn es nicht zu einer vorzeitigen Auflösung kommt. Unter Berücksichtigung aller Regeln und Vereinbarung wird der genau Termin wohl der 22. September 2013 sein.

Zeit, sich nicht nur Gedanken zu machen, wen man denn wählen soll, wenn man denn wählen geht, sondern auch die Gelegenheit, mal zu schauen, was die Abgeordneten in der aktuellen Legislaturperiode so getrieben haben. Versprochen wird immer viel, man wählt dann völlig euphorisch den Kandidaten und verliert ihn in den nächsten vier Jahren aus den Augen. Es sei denn, er fällt durch eine Affäre auf oder durch häufige Präsens bei Schützenfesten, Kaninchenzüchtern und ähnlich gearteten Veranstaltungen, die auch gerne mal einem caritativem Zweck dienen können.

Was die Abgeordneten des eigenen Wahlkreises ansonsten so in Berlin treiben, erfährt man in der Regel eher nicht. Die Mitgliedschaft in einer Partei hilft, an Informationen über die Presse hinaus zu kommen. Dennoch bleibt ein enormes Defizit. Um das zu tilgen, gibt es das Internet. Eine hervorragende Anlaufstelle ist die Webseite abgeordnetenwatch.de. Dort kann man unter anderem gezielt für seinen Wahlkreis nachschauen, wie das Abstimmungsverhalten der Bundestagsabgeordneten aussieht. Für den Wahlkreis Köln I sitzen Martin Dörmann (SPD) und Ursula Heinen-Esser (CDU) im Berlin. Neben den biografischen Daten kann man sich über ihre parlamentarische Arbeit und die Nebentätigkeiten informieren. Das erwähnte Abstimmungsverhalten findet sich ebenfalls dort. So erfährt man, wer von den beiden bei der Abstimmung „Recht auf Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare“ mit Ja und wer mit Nein votiert hat. Über das Thema der Abstimmung wiederum gelangt man zur Zusammenfassung, worüber genau abgestimmt wurde und wie die Stimmverteilung innerhalb der einzelnen Fraktionen aussah. Nutzer der Webseite haben darüber hinaus die Möglichkeit, den Abgeordneten Fragen zu stellen. Das Nein von Frau Heinen-Esser zum Recht auf Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare führte zu so einer Frage. Die Antworten der Mandatsträger, sind, sofern sie gegeben wurden, nicht immer zielführend. Manche weichen einer ehrlichen Antwort auch einfach aus. Wobei auch das nicht ohne Aussagekraft ist.

Mit einer pauschalen Einordnung des Abstimmungsverhalten muss man jedoch vorsichtig sein, denn oft erschließt sich das Verhalten nur aus dem Kontext. In der Sache „Anpassung und Veränderung von Hartz IV“, wo es um die Anhebung der Hartz IV-Regelsätze von 359 auf 364 Euro ging, stimmte Martin Dörmann dagegen – wie alle zum Zeitpunkt der Abstimmung anwesenden SPD-Abgeordneten auch. Erst im Kontext erschließt sich das Abstimmungsverhalten. Schaut man auf den Betrag, sieht man, dass eine magere Erhöhung um fünf Euro geplant war. Damit wurden nicht mal eine Anpassung an die Inflationsrate vorgenommen. Weitere Recherche im Internet für dann zu den Hintergründen.

abgeordnetenwatch.de sorgt nicht nur für Transparenz, sondern weckt auch Lust, sich intensiver mit dem politischen Tagesgeschäft auseinander zu setzen. Politik bestimmt uns aller Alltag, aber die meisten von uns interessiert sie nur, wenn sie unmittelbar betroffen sind. Dabei ist eine Abstimmung mitunter spannender als ein „Tatort“ im Fernsehen. Auf der offiziellen Seite des Bundestags wird einem eine Fülle an Informationen geboten. Drucksachen, Protokolle und Mitschnitte von Reden finden sich dort. Wer meint, die Politiker interessieren sich nicht mehr für ihre Wähler, sollte daher umgekehrt fragen, wie intensive er sich denn für Politik und Politiker interessiert.

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