Im Kölner Stadt-Anzeiger wurde gestern über den Schriftsteller Martin Mosebach berichtet. Nichts, was mich auf den ersten Blick berührt hätte. Der Titel des Artikels war auch nicht spektakulär: „Mosebach hält Schranken für kunstförderlich“.
Im Normalfall hätte ich den Text wahrscheinlich nicht gelesen. Da in der Subline allerdings die Begriffe Meinungsfreiheit und Gotteslästerung fielen, tat ich es trotzdem. Anschließen musste ich den Artikel noch mal lesen. Das was dort stand, kann ich noch immer nicht so recht glauben. Mein eigenere Standpunkt zur Religion ist kein Geheimnis. Evangelisch getauft, habe ich erst mit den Jahren den Wert der sich daraus für mich ergibt, begriffen. Dabei verstehe ich mich durchaus als aufgeklärt und tolerant. Gotteslästerung ist nach meiner Definition nicht möglich, denn was wäre das für ein Gott, der befindlich gegenüber den Spöttereien von uns Menschen wäre. Ein Bild, auf dem die Römer für Jesus statt Hammer und Nagel einen elektrischen Tacker nehmen? Kein Problem für mich. Auch bei weniger harmlosen Dinge kann ich nur mit den Schultern zucken.
Mich regen nur die Leute auf, die sich schon beim kleinsten Witz über ihre Religion zutiefst beleidigt fühlen. Im Strafgesetzbuch wird die öffentliche Beschimpfung im Paragraphen 166 wie folgt abgehandelt:
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Quelle: Bundesministerium der Justiz, Gesetze im Internet
Wie der Kölner Stadt-Anzeiger schreibt, wir auf eine genaue Definition, was lästerlich ist, verzichtet.
Soweit, so gut. Kommen wir zurück auf das, was Mosebach von sich gegeben haben soll. Zitiert wird er in mehreren Quellen (z.B. spiegel online und ) wie folgt:
Es wird das soziale Klima fördern, wenn Blasphemie wieder gefährlich wird.
Im KSTA ist zudem noch zu lesen, dass Mosebach von sich sage, „er sei unfähig, sich zu empören, wenn in ihrem Glauben beleidigte Muslime blasphemischen Künstlern einen gewaltigen Schrecken einjagen.“ Fast 280 Jahre Aufklärung für die Katz.
Versuchen wir das, was Mosebach gesagt hat, in anderen Worten auszudrücken. Wenn Künstler verfolgt, bedroht oder ermordet werden, weil sie tatsächlich oder vermeintlich Taten, Worte oder Werke zu verantworten haben, die eine Religionsgemeinschaft im ganzen oder auch nur einen Teil davon als verächtlich gegenüber ihrem Gott und / oder ihrer Religion empfindet, dann sei das schon in Ordnung. So was ist halt das Berufsrisiko des Künstlers und schließlich entsteht gerade aus der Bedrohung und Spannung kreatives Neues (laut Mosebach).
Mit Mühe gelingt es, sich an dieser Stelle zu beherrschen. Die Äußerungen von Mosebach sind ungeheuerlich – gerade auch angesichts der enormen Anzahl von Künstlern, die um ihr Leben fürchten müssen, wie zum Beispiel der Kölner Rapper Najafi, den der Großajatollah Safi-Golpajegani zum Verstummen bringen will. Gläubige sind dazu aufgerufen Najafi in die Hölle zu schicken, heisst es.
Von den vielen Möglichkeiten der Reaktion ist es die Forderung zur Abschaffung des Paragraphen 166, die mir am weitestgehenden erscheint. Was man dagegen verschärfen sollte, sind die Verstöße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Künste.