Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Als Mitglied der SPD stellt sich einem die Frage, wozu man die CDU wählen sollte, naturgemäß eher weniger. Anhänger der CDU jedoch werden sich zunehmen mit der Frage konfrontiert sehen. Das liegt nicht unbedingt am derzeitigen politischen Programm, sondern an den Person, die zu Wahl stehen oder standen.

Wer vor neun Tagen aus Überzeugung CDU gewählt hat, kann nicht mit Sicherheit sagen, ob auch der von ihm favorisierte Kandidat (oder Kandidatin) tatsächlich im Landtag von Nordrhein-Westfalen sitzen wird. Zum einen deshalb, weil die Direktmandaten (Erststimme) in einem Wahlkreis immer nur an denjenigen mit den meisten Stimmen gehen – also mitunter eben auch an einen Kandidaten einer anderen Partei. In Köln gelang keinem Kandidaten der CDU über die Erststimme der Einzug in den Landtag.

Die Zweitstimme ist immer eine Stimme für die Liste der Partei. Ob einer der Kandidaten darauf in den Landtag einzieht, hängt von seiner Position auf der Liste (dem sogenannten Listenplatz) und dem prozentualen Stimmenanteil der Partei ab. Mit der Zweitstimme haben die Wählerinnen und Wähler demnach nur einen indirekten Einfluss darauf, ob ein von ihnen präferierter Kandidat Mitglied des Landtages wird oder nicht. Soweit das Wahltechnische. Kommen wir aber zum eigentlichen Problem. Heute war im Kölner Stadt-Anzeiger zu lesen, dass Ursula Heinen (CDU) in Berlin bleiben wird. Sie war einen der Kandidaten der CDU in Köln für die zurückliegende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gewesen. Ähnlich wie Röttgen verzichtet sie auf den Wechsel nach Düsseldorf auf die Oppositionsbank. In Berlin hat sie bisher als parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium gearbeitet. Das wird sie auch weiterhin tun, mit Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel – das ist bei ihr der Unterschied zu Röttgen, der heute von Bundespräsident Joachim Gauck seine Entlassungsurkunde erhalten hat.

Mit dem dritten Platz auf der Landesliste hatte Heinen einen Sitz im Nordrhein-Westfälischen Landtag erhalten. Auf diesen verzichtet sie jetzt. Vermutlich wäre das bei einem Wahlsieg der CDU nicht passiert. Wer seine Zweitstimme der CDU gegeben hat, konnte mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Heinen im Landtag einziehen würde. Als Wählerinnen oder Wähler der CDU würde ich mich jetzt fragen, wozu ich diese Partei wähle, wenn ihre Kandidaten bzw. Mandatsträger letztendlich ihr Amt nicht antreten.

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