Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Sind wir schon da? Nein, noch lange nicht. Die Mutter richtet ihre Worte an den Vater, während dieser sich auf die vor ihm liegende Autobahn konzentriert um nicht mit ansehen zu müssen, wie die Mutter, die jetzt, nach dem letzten Halt auf einem doch etwas schäbigerem Rastplatz, auf der Rückbank platz genommen hat und den Hals des missratenen Nachwuchses drückt, so das dieser im Gesicht ganz blau anläuft.-

Bei Kilometer Einhundertsiebenundreißig ist sie immerhin so erfolgreich gewesen, dass der Spross, nunmehr seines Bewusstseins beraubt, ohne das das immer noch stur geradeaus starrende Familienoberhaupt die Geschwindigkeit des Wagens drosselt, aus dem Inneren auf den Seitenstreifen befördert werden kann, was der Mutter auch mit lobenswerten Geschick gelingt, woraufhin sie schnell wieder die Tür schließt und nur kurz ihren Kopf wendet, um durch die Heckscheibe zu sehen, wie das Fahrzeug den sich überschlagenden Körper rasch hinter sich lässt. Noch immer ist das Ziel der Fahrt, die im Gegensatz zu der vielleicht doch etwas grausigen Tat, harmonisch begonnen hatte, nicht auch nur annähernd erreicht, was aber für den Fahrer weiterhin kein Problem darstellt, da ihm noch deutlich als zuvor bewusst geworden ist, wie durch das Verschwinden eines Essers die steigende Kosten für das Benzin mehr als kompensiert werden.

Auf der Rückbank zupft seine Ehegattin, während sie in Gedanken schon das nun frei gewordene Zimmer im heimischen Bungalow neu einrichtet, ihre Bluse wieder zurecht, die im Eifer und bei der unerwarteten Anstrengung verrutscht ist, was man ihr, sofern man sie nicht näher kennen lernt, wovon man, als Zeuge des eben Geschehenen auch eher abraten würde, nicht ansehen würde. Diese von der Bluse ausgehende Ordentlichkeit setzt sich im inneren des Wagens fort, wird jedoch nur auf dem frei gewordenen Platz von etwas gestört, das auf Grund der Größe wohl zu dem Mitfahrer gehört, der auf rasante Art und Weise, befördert, hinaus befördert wurde. Mit einer für ihre Verhältnisse lockeren Bewegung versenkt die Frau des Fahrers eines der Fenster mittels Knopf und einem summenden Geräusch in der Tür, hält das Kleidungsstück kurz wie ein Fahne, die ihren Triumph signalisieren soll, in den Fahrtwind, bevor sie ihre Hand, die nunmehr den Griff um das Kleidungsstück gelöst hat, wieder ins Wageninnere zieht.

Mir ist kalt, tönt es von vorne, woraufhin die Scheibe wieder in ihrer angestammt Position gebracht wird und die Fahrt ohne weitere, erwähnenswerte Vorkommnisse weiter geht, bis man dann, einigermaßen erschöpft, am späten Nachmittag das Ziel erreicht, was zu freudigem Händeklatschen seitens der Frau des Fahrers führt, die bei einem der sich darbietenden Rastplätze wieder auf den Beifahrersitz gewechselt hatte. Über das Vorgefallene schweigt man beim zünftigem Abendessen in der Pension, dessen Besitzer, ein alter Freund der Familie, auch nicht weiter nachfragt und den dritten Teller beiläufig und auf seine ihm typische Art schweigend, abräumt.

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