Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Es gibt viele Gründe, warum ich nicht mehr so häufig wie vor einigen Jahren die Spielemessse besuche. Nicht nur überfüllende Regale habe dazu geführt, sondern auch ein Mangel an Gelegenheit, die Spiele auch ihrem Zweck zu zuführen. Wenn man aber in Essen arbeitet, sollte man sich eigentlich nicht nehmen lassen, zu Messe zu gehen.

Die Grugahalle ist nur etwas mehr als ein Steinwurf vom Büro entfernt, so dass mich immer wieder im Herbst ein gewisses Gefühl der Sehnsucht packt. Besonders dann, wenn ich morgens und abends auf Messebesucher in der U-Bahn treffe. Diese Jahr hatte ich mir für den Donnerstag, der ersten Publikumstag der Messe, extra Urlaub genommen, um meiner Sehnsucht aktiv entgegen zu treten. Letztes Jahr war ich definitiv nicht auf der Messe, davor weiss ich nicht. Aber es ist auf keinen Fall länger als drei Jahre her, dass ich zum letzten Mal auf der Spiel war. Umso mehr hat mich erstaunt, wie sich die Messe meiner Meinung nach verändert hat.

Es fing schon beim Einlass an. Keine langen Schlangen vor der Kasse. Statt dessen hat man das Publikum schon vor dem Start um 10 Uhr reingelassen, so dass sich alles in der Eingangshalle knubelte. In die Ausstellungshallen durfte jedoch noch keiner, bist auf Pressevertreter und die Aussteller selber. Warum man die ausgerechnet durch die wartende Menge schleusen musste, wird wohl nur die Messeleitung verstehen. Bei den Wartenden und denjenigen, die zu ihren Ständen wollten, führte das auf jeden Fall zu Verstimmungen. Unschön für die Aussteller war es auch, dass die Besucher entgegen der Absprache bereits um 9:45 Uhr in die Hallen reingelassen wurden. Nicht wenige waren etwas unvorbereitet auf den frühen Ansturm.

Für mich hatte es den Vorteil, dass ich zumindest einmal die Gelegenheit hatte, eine der Neuheiten zu spielen. Vorab ins Auge gefasst hatte ich „Das Dorf“ von eggertspiele. Am Stand gab es noch nicht die endgültige Version, was aber zum spielen unwichtig war. Mit drei anderen saß ich am Tisch und ließ mir das Spiel erklären. Dann ging es darum, wer mit dem ersten Zug anfängt. Laut Spielregel der älteste Spieler. Die drei, offensichtlich befreundet, sahen sich an, bis Alex dann sagte, er wäre 27. Ich meinte nur: „Dann fang ich wohl an.“ Wenn man die Qualität eines Spieles darüber definiert, ob man es zu Ende spielt oder nicht, dann ist Das Dorf (engl. The Village, wird bei Pegasus erscheinen) gut. Wir haben bis kurz nach 12 Uhr gespielt. Dann stand der Sieger fest. Mit einem Punkt weniger habe ich den ersten Platz leider verfehlt. Das Spiel selber ist ein schönes Entwicklungsspiel, auch wenn es keinen variablen Spielplan hat wie zum Beispiel „Die ersten Funken„. Zwei Dinge sind mir jedoch aufgefallen. Zum einen, dass es mittlerweile viele Spiele gibt, die diese Richtung einschlagen. Auf der Messe waren viele Entwicklungsspiele zu sehen. Das Offensichtlich sah ich zuerst nicht. Erst als ein neugieriges amerikanisches Ehepaar an den Tisch trat und er fragte, ob man auch miteinander spielt oder nur gegen das Brett. Letzteres, leider.

Nach der Runde nahm ich mir Zeit, um durch alle Messehallen zu gehen. Das war nicht so einfach, denn im Gegensatz zu früher war es bereits am Donnerstag richtig voll. Ich hatte auch den Eindruck, dass ein leicht aggressive Grundtendenz mitschwang. Aufpassen musste man auch, nicht von Menschen mit Rollcontainern oder -koffern einfach umgefahren zu werden. Die „Krönung“ waren für mich zwei Händler, die trotz Rauchverbotes an ihrem Stand rauchten. Überhaupt die Luft. Auf der Buchmesse in Frankfurt waren meiner Meinung nach wesentlich mehr Menschen, trotzdem war es dort nicht so stickig. Auch hat die Frankfurter Messe deutlich bessere Lichtverhältnisse.

An mehreren Stände wurde Spiele regelrecht verramscht. Zu Preise, die unter denen lagen, die bei den Gebraucht-Händlern zu finden waren. Getroffen hat mich, dass ein so gutes Spiel wie „Neuland“ für fünf Euro regelrecht verschleudert wurde. Dabei gibt es den Verlag (eggertspiele) noch – im Gegensatz zu vielen anderen Verlagen. Es muss wohl in den letzten Jahren einen ziemlichen Umbruch gegeben habe. von den Großen waren Kosmos, Hasbro und Ravensburger vertreten. Interessant auch, das ein Verlag wie Day of Wonder ein riesige Fläche hatte. Das war mal ganz anders. Gefreut hat es mich, den Stand von Dorris & Frank zu sehen (eines meiner Lieblingsspiele, „Ursuppe„, stammt von ihnen) und den von Jean du Poel, der mir noch aus Bielefeld bekannt ist. Die Diplomarbeit von du Poel, „Mare Mediterraneum“ ist nicht nur ein optischer Genuss.

Mitgebracht habe ich aus Essen zwei Spiele – wichtig war mir, dass man sie auch zu zweit gut spielen kann. Das schon etwas ältere „Pandemie“ und „Troyes„. Auf Pandemie bin ich gespannt, denn es ist ein kooperatives Spiel. Für diese Kategorie gibt es gute, aber auch sehr schlechte Beispiele (Wenn das Atomkraftwerk explodiert, haben alle Spieler verloren…).

Ein Fazit zu ziehen, fällt mir nicht ganz leicht. Zu gemischt sind die Eindrücke und Gefühle. Belassen wir es daher mit einer Feststellung. Wenn die Menge an Besuchern ein Maßstab ist, dann muss man sich wohl um die Zukunft des Brettspiels vorerst keine Gedanken machen.

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