Mindestens einmal in ihrem Leben bekommen Autoren die Frage gestellt, wie viel von ihnen selber in der Figur XY im Roman Z stecke. Darauf kann es im Grunde eigentlich nur eine gute Antwort geben:
Gar nichts – es sei denn, der Autor hat keinen Roman, sondern eine Autobiographie geschrieben. Das ganze Rate- und Versteckspiel oder ganz im Gegenteil, dass öffentliche Kokettieren, wie im Falle von „Stoßgebet“ ist letzen Endes eher ein Armutszeugnis für den Autoren. Es zeigt ein Mangel an Vorstellungskraft, wenn man sein eigenes Leben dermaßen ausschachten muss, damit man überhaupt was zu Papier bringen. Wer schreibt, um sich selber zu therapieren, verwechselt Bücher mit einem Psychiater (Leser solcher Werke sind um keinen Deut besser als die Gaffer am Straßenrand bei Unfällen).
Wer sich wirklich was von der Seele schreiben muss, der kann sollte das tun. Unbestritten sei auch, dass sich dies positiv auf den Schreibenden auswirkt. Dabei sollte aber das Ergebnis in der unterstes Schublade des Schreibtisch in einem Buch mit Schloss verwahrt werden, welches eigenhändig und rechtzeitig vor dem Ableben vernichten wird.
Eine weitere Ausnahme sei auch noch erwähnt. Der Autor als kleine, deutlich zu erkennende Nebenfigur im Buch. Etwas, was man mit viel Augenzwinkern in die Geschichte hineinschreibt. Alles andere sollte bitte unterlassen werden -auch dann, wenn es als so genannte hohe Literatur, wie in „Karte und Gebiet“ verkaufen kann. Als Leser will ich vor allem eine gute Geschichte präsentiert bekommen. Für alles andere gibt es Zeitungen oder diese bunten Klatschblätter.
Romane, auch Krimis, sind fiktive Erzählungen, keine Protokolle, keine Tatsachenberichte. Sie dürfen sich sich auf tatsächliche Ereignisse beziehen, ja sie müssen, je nach Gattung, sogar glaubwürdig sein. Tauchen in einer Geschichte mehrere Figuren auf, sollten diese unverwechselbar sein. Gerade wer als Autor in der Ich-Perspektive erzählt läuft Gefahr, Figuren zu erschaffen, die keine eigene Stimme haben – so wie in „Das war ich nicht“, wo alle drei Figuren identisch klingen.
Wenn ich als Autor eine Geschichte entwerfe, greife ich zum Teil auf Erfahrungen zurück, zu einem weiteren Teil auf Recherche und auch auf frei erfundenes. Die richtige Balance dabei zu finden, ist nicht immer einfach. Die besten Ergebnisse erziele ich meiner Meinung, wenn ich einen homöopathischen Tropfen aus meinem eigenen Leben hinzufügen. Das ist weit genug davon entfernt, eine eigene Figur zu werden, ist aber unter Umständen genau das, was eine Geschichte erst zum Leben erweckt.