Trotz des Titels diesmal kein „Ich rege mich über die Deutsche Bahn auf“ Artikel, sondern ein Buch-Kritik zu „Auf der Strecke. Ein Fall für Berlin und Wien“ von Bielefeld und Hartlieb.
Aufmerksam geworden bin ich auf das Buch durch das dicke „Bielefeld“, wobei damit nicht die Stadt, sondern einer der beiden Autoren, Claus-Ulrich Bielefeld, gemeint ist. Der Zweite Grund, warum ich das Buch vor gut einer Woche gekauft habe, war die Annahme, ich würde einen Krimi erwerben, der ganz ohne Prolog mit einem starken Satz beginnt:
Alles Unglück in der Welt beginnt damit, dass die Leute nicht zu Hause bleiben.
Das macht auf jeden Fall neugierig (und ist meiner Meinung nach ein guter narrativer Haken. Im weiteren Verlauf dreht es sich dann um die Aufklärung des Mordes an einem jungen aufstrebenden Schriftsteller, der sein Ende in einem Zug von Wien nach Berlin gefunden hat. Daher ermittelt wohl auch die Berliner und Wiener Polizei gemeinsam. Das der deutsche Polizist „Thomas Bernhardt“ heisst, ist kein Zufall. Der gesamte „Krimi“ ist stark orientiert am deutschsprachigen Literaturbetrieb. Das ist kein Nachteil, sondern in diesem Fall eine Stärke.
Sprachlich bewegt sich „Auf der Strecke“ auf hohem Niveau. Nach vielen wirklich misslungen Titel in den letzten Wochen ist das Buch eine absolute Wohltat. Hier wird nicht versucht, sondern gekonnt. Man gleite nur so durch den Text, getrieben von der Frage, warum Xaver Pucher, so der Name des toten Autors, sterben musste. Spannend ist das Buch auf jeden Fall. Die beiden Perspektiven hier der Kriminalist aus Berlin, dort die österreichische Ermittlerin tragen nicht nur zur Abwechslung bei, sondern verdichten die Handlung auch zu einem stimmigen Gesamteindruck. Gerade die Reibereien zwischen den beiden sind eine weitere Stärke des Romans.
Und in dem letzte Satz gerade liegt genau das Problem, wobei man der Fairness halber sagen muss, dass „Roman“ auch auf dem Cover steht und nicht etwa „Krimi“. Denn ein Krimi ist „Auf der Strecke“ nicht. Das liegt nicht nur an der eher lieblos dargestellten Polizeiarbeit, sondern an vielen Details, in denen der Text von der realen Polizeiarbeit sogar für Laien erkennbar abweicht. Das Mordmotiv und die Auflösung sind dann leider auch eine große Enttäuschung am Ende des Romans. Da wird einiges an Potential voreilig verspielt. Ein paar Seiten mehr, etwas mehr Tiefgang, und schon wäre auch der Schluss befriedigend gewesen.
Dennoch kann ich „Auf der Strecke“ empfehlen, denn es ist, und daran kann auch die Mäkelei hinsichtlich des Genres „Krimi“ nichts ändern, ein gut geschriebenes Buch, dem man anmerkt, dass die beiden Autoren in der Literatur zu Hause sind.