Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Gestern war ich wieder beim „Kölner Schreib- und Schlemmer-Treff“ (wie es jetzt heisst). Ein lustige Runde mit leckerem Essen. Aber darüber wollte ich jetzt nicht im Detail berichten.

Auch wenn sie ein ziemlich genialer Grün-Tee in den Vordergrund drängte, so gingt es doch häuptsächlich ums Schreiben. Zwar wenig vorgelesen, aber wir haben gemeinsam an der Geschichte einer Autorin gebastelt. Das ist nicht langweilig, sondern das genau Gegenteil davon. Jedes Detail, was man an einer Stelle ändert, kann auf dem gesamten Verlauf der Geschichte eine große Auswirkung haben.

Nehmen wir eine Szene, die wir um die Jahrtausendwende in Südamerika ansiedeln. Sagen wir mal Argentinien oder Chile. Jetzt verlegen wir die gleiche Szene weiter in die Vergangenheit, Mitte der 70er Jahre. Die Unruhen in den Ländern, die Militärdiktaturen kann man nicht einfach übergehen. Auf der anderen Seite sorgt ein solches Setting dafür, das sich bestimmte Ereignisse, die einer Figur zustoßen sollen, viel glaubwürdig einbetten lassen. Der Protagonisten soll zufällig einen Querschläger abbekommen? In der Zeit nicht unwahrscheinlich.

Man muss aber nicht das Land verlassen. Es reicht, wenn man innerhalb von Deutschland die Uhr zurück dreht. Von heute auf die Zeit des Deutschen Herbstes. Eine Phase in unsere Geschichte, die nicht so weit zurück liegt und doch eine ganze eigene Dramaturgie hat.

Es gibt jedoch auch Schrauben, an denen man besser nicht drehen sollte. Wenn man den Schauplatz eines Romans von sagen wir Dortmund den 80er nach Potsdam verlegt, hat das enorme Auswirkungen. Wer das als in Westdeutschland geborener Autor versucht, kann im Grunde nur scheitern. Sicher, man kann recherchieren, aber es gibt einfach zu viele Zeitzeugen. Allein an bestimmten sprachlichen Besonderheiten wird man sich vermutlich schon die Zähne ausbeißen wie an einem uralten Broiler.

4 Kommentare

  1. Immer wieder, wenn ich in Deinem Blog lese, möchte ich Dir „Der Name der Rose“ sowie die „Nachschrift zum Namen der Rose“ in die Hand drücken (virtuell, versteht sich). Erst kam mir das in den Sinn, als Du den Prolog so verteufelt hast, jetzt bei der Frage, wann und wo man eine Geschichte ansiedelt wieder… In seiner „Nachschrift“ zeigt Eco die Zwänge auf, die dazu führten, den Roman genau zu dieser Zeit spielen zu lassen. Hoch interessant für jeden Autor!!!

    Gruß
    Solveig

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