DER CHEF und ich sind ja noch neu hier in Köln, daher war es gestern unser erstes „Mörderisches Vergnügen“ im Kölner Domforum. Angekündigt waren Jörg Nießen, Gisbert Haefs, Tatjana Kruse, Andreas Izquierdo und Frank Schätzing.
Eingebettet werden sollten die Lesungen in einen musikalischen Rahmen von Steffen Paesler am Flügel, alles moderiert von Tommy Millhome. So viel Namedropping in zwei Sätzen. Mir bekannt waren bis dahin nur zwei Namen. Andreas Izquierdo aus Krimi-Sammelband „Köln blutrot“ und Frank Schätzing – vorm hörensagen. Bisher habe ich von ihm noch nichts gelesen (und ich glaube auch nicht, dass sich das ändern wird, aber dazu später mehr).
Über die Leistungen des nervösen, von Karten ablesenden Tommy Millhome hülle ich lieber den Mantel des gnädigen Schweigens und fange direkt mit dem ersten Autor (btw.: Herr Paesler konnte am Flügel überzeugen. Ich finde es auch eine enorme Leistung, in einer unruhigen Pause konzentriert weiter zu spielen.).
Andreas Izquierdo las einen Teil seiner frisierten Aschenputtel aus dem Band „Die Märchenmörder: Märchen werden wahr.„. Seine Geschichte spielte im 19. Jahrhundert in Edinburgh. Sein Protagonist: der 15. jährige Arthur Conan Doyle, der eine junge Räuberin bei ihren Streifzügen durch die Kamine der Stadt (daher Aschenputtel) beobachtet. Was soll man dazu schreiben? Der Geschichte fehlt einfach es an Anschaulichkeit. Der Hintergrund bleibt blosse Kulisse für eine Handlung, die jeder Brotsuppe in der damailigen Zeit Konkurrenz gemacht hätte. Schade, denn die Idee hat wirklich Potential.
Der nächste an der Reihe war eine die, nämlich Tatjana Kruse, die uns mit einer Geschichte aus „Klappe zu, Gatte tot: Kurzkrimi-Sahnehäubchen“ und „Nadel, Faden, Hackebeil“ erfreute. Bei der ersten Geschichte wurde im Publikum viel gelacht. Die Geschichte des Junggesellinnenabschieds mit als Indianer-Häuptling verkleideten Strippers war wirklich gut. Allerdings nur bis zu der Stelle, als der frisch verschiedene Apache im Beton-Fundament des Gartenpavillons beseitig werden sollte. Die Stimmung im Publikum sank rapide ab. Demnach war ich nicht der Einzige, der „Hasch mich, ich bin der Mörder“ mit Louis de Funes kannte. Einen Originalitätspreis gewinnt man damit nicht, Frau Kruse. Selbst dann nicht, wenn man wie sie schon mal mit Marcel Reich-Ranicki „geschlafen“ hat. Die Ausschnitte aus dem Buch „Nadel, Faden, Hackebeil“ konnten dagegen überzeugen. Im übrigen, dass sei noch angemerkt, kann ich ihrer These, dass man als Autor immer über Dinge schreibt, die man selbst erlebt hat, in keiner Weise zustimmen.
Klappe zu, Affe tot, nächster auf der Bühne. Das war in diesem Fall Jörg Nießen mit seinem allersten Roman „Schauen Sie sich mal diese Sauerei an„. Fast kaum zu glauben, dass dies sein erster Roman ist. Der Mann hat nicht Potential, er kann weiss es auch zu nutzen. Die Geschichte vom volltrunken Taxifahrer war nicht nur hervorragende erzählt, sondern auch brilliant vorgetragen. Seine Figuren so zu sprechen wie er das getan hat, ist großes Kino. Bitte mehr davon! Wer die Gelegenheit hat, sollte unbedingt zu einer Lesung von ihm gehen (Herr Nießen, verstecken sie sich ja nicht in ihrem Beruf, das wäre wirklich schade).
Mit Gisbert Haefs und den „Die Zwerge von Zülpich“ ging es weiter. Er erzählte uns die Geschichte von Gundolf, der davon überzeugt ist, dass es Zwerge gibt. Im Felsenkeller (früher der Kühlraum einer Brauerei) der Lebenshilfe HPZ in Bürvenich findet Gundolf eines Tages einen etwas kleineren Mann, der waagerecht und ziemlich tot mit einem Strick um den Hals auf den kalten Steinen liegt. Weniger ist mehr, möchte man Herrn Haefs zurufen, der durch eine überzogene auktoriale Perspektive seinen Krimi ruinierte. Schade drum. Mir war ist auch unbegreiflich, warum er unbedingt am Ende alles rationell aufklären wollte. Das sich der Tote mit Hilfe eines Eisblocks erhängt hat, erscheint nicht nur sehr mühsam in seinem Fall, sondern ist Bestandteil einer bekannten Rätselgeschichte. Ideen auftauen ist nicht immer eine gute Entscheidung.
Kommen wir zum „Star des Abends“, der mühelos Veranstaltungsorte wie die Lanxess Arena fühlt: Frank Schätzing. Sofern er das mit seinen Gesangseinlagen wie „Take me to the moon“ geschieht, kann ich das durchaus nachvollziehen. Seine Beispiel-Prognosen waren dagegen etwas Fußlahm. Das Beispiel vom Mann, der sich von seinemNachbar Eier ausleihen will, ist die frech adaptierte Hammer-Geschichte von Paul Watzlawick (Guttenberg lässt grüßen). Für seine Lesung aus „Limit“ wurde Schätzing von einem atmosphärischen Soundtrack begleitet. Vermutlich sollte das von seinem schwachen Text etwas ablenken. Schätzing ist ein Entertainer, ohne Zweifel. Das was er da als Autor präsentiert hat, konnte zumindest mich in keiner Weise überzeugen. Meiner Meinung nach war sein Text der Schwächste an diesem Abend.
Allein aber wegen Jörg Nießen hat sich der Abend im Domforum gelohnt. Mit Spannung (wenn auch nicht mit mörderischer) warten wir daher auf die Folgeveranstaltung im nächsten Jahr.