Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Während „Keine halben Sachen“ noch immer darauf wartet, dass ich mich damit beschäftige, tummeln sich in meinem schwarzen Notizbuch schon die Ideen für weitere Geschichten. Eine davon wird einen Bezug zu Köln haben (auch weil ich die Sache mit dem regionalen Bezug unbedingt ausprobieren möchte).

Was Kurzgeschichten bzw. Kurzprosa leisten kann, hat Carsten Klook in seinem Artikel „Geschichten mit Widerhaken“ (Zeit online 06/2010) auf den Punkt gebracht:

Kurzprosa und Miniaturen beweisen immer wieder, dass die Ausdrucksstärke eines Textes nichts mit der Anzahl seiner Seiten zu tun haben muss. Sie zwingen ihre Leser oft intensiver den Blick auf den Brennpunkt einer Begebenheit zu lenken, als Romane dies tun.

Für Autoren stellt sich die Frage nach der Vorgehensweise. Wie schafft man es, einen Text zu verdichten? Wie baut man eine Kurzgeschichte auf? Statt pauschale Antworten oder gar einenBaukasten für Kurzprosa zu präsentieren möchte ich etwas aus dem Nähkästchen plaudern und meine Vorgehensweise beschreiben.

Am Anfang steht bei mir meistens eine bestimmte Idee, ein Ausschnitt aus einer Szene. Sie stellt quasi das Saatgut für die Geschichte da. Die Idee wird zunächst erstmal festgehalten (besonders gute Ideen sind sehr flüchtig). Statt anschließend darauf los zu schreiben (wie ich es früher immer gemacht habe), folgt bei mir erstmal die Planungsphase. Wenn die Idee nicht schon selber das Ende beinhaltet, kreisen meine Gedanken darum, was am Ende stehen soll. Dadurch habe später beim schreiben immer ein Ziel vor Augen, da ich stets weiß, was ich berücksichtigen muss, um zu dem geplanten Ende auch zu gelangen.

Für die Kurzgeschichten folgt dann ein für manchen Leser und Autor vielleicht sehr nüchterner Aspekt: die Festlegung, wie viele Wörter der Text enthalten soll. Seit vergangen November (NaNoWriMo) weiss ich, dass es mir hilft, auf diese Weise den Schreibprozess im Auge zu behalten. Auch kann man sich viel stärker disziplinieren. Nehmen wir mal eine nicht unübliche Länge (bei Wettbewerben gibt es zum Beispiel solche Vorgaben) von 1.500 Wörtern.

Zusammen mit den Ende der Geschichte ist es das zweite Ziel, was es zu erreichen gilt. Ausgehend von der ursprünglichen Idee überlege ich im nächsten Schritt, welche Personen (Figuren) an welchen Orten in der Geschichte vorkommen sollen. Jede Figur, jeder Ort bekommt eine eigen (Kartei-)karte. Parallel dazu springt bei mir der innere Filmprojektor an, die Geschichte beginnt sich von selbst zu erzählen.

Auch wenn die Geschichte später wie aus einem Guss wirkt (oder zumindest wirken soll), teile ich selbst bei einer Kurzgeschichte die Handlung in einzelne Szenen auf, denen ich Namen gebe. Das sind für mich später auch wichtige Stichworte. So hat mein aktuelles Projekt sieben Szenen. Recht mathematisch geht es weiter. Sieben Szenen bei 1.500 Wörtern insgesamt, dass macht dann rund 215 Wörter pro Szene. Das ist gut überschaubar.

Während im Hintergrund die Filmrolle zurückgespult wurde und der Filmprojektor mit einer erneuten Vorführung beginnt, schreibe ich den Plot für die Geschichte runter, hangle mich dabei von Szene zu Szene, bis ich zum Ende komme. Sobald der Plot steht, kann ich diesen auf die Szene-Karten aufteilen. Damit steht das Gerüst für die Geschichte. Jetzt lässt sich auch gut prüfen, ob die Szenen ineinander greifen, ob die Handlung passt oder ob an einer Stelle als in sich zusammen bricht.

Die eigentliche „Arbeit“ besteht dann darin, die Szenen zu füllen. Wenn die erste Version der Geschichte steht, sollte man sie als das ansehen, was sie auch tatsächlich ist: die Rohfassung. Erst bei der Überarbeitung sie geschliffen und poliert. Gerade wenn man die Überarbeitung bewusst einplant, lassen sich Schreibblockaden besser überwinden, da man sich immer vor Augen halten kann, dass der Satz, den man gerade schreibt, nicht perfekt sein muss. Wichtig ist lediglich, den Schreibfluss nicht zu unterbrechen.

8 Kommentare

    1. Also, mein schwarzes „hier-marken-artikel-einsetzen“-Notizbuch dient dazu, mit Datum versehen Krimi-Ideen festzuhalten, die erstmal auf Eis liegen, sprich die noch nicht „in Arbeit“ sind. Alles, was ich schon als Scrivener-Projekt angelegt habe, hat seine eigene, hauptsächlich elektronische Notizsammlung, die ich über Dropbox mit dem jeweiligen Projekt synchronisiere.

      Im Notizbuch selber wird jeder Eintrag mit Datum versehen. Ist ist also eine Art Ideen-Tagebuch.

  1. Hast Du das tatsächlich immer griffbereit? Ich tue mich wirklich schwer damit! Nicht zu jedem Outfit passt ein schwarzes „hier-Markenartikel-einsetzen“-Notizbuch…

    Nein, ehrlich, ich finde es unglaublich schwierig, immer zu notieren, was mir durch den Kopf geht. „Aufheben“ kann man Ideen aber auch nicht. Ich denke immer, dass ich mir das unbedingt angewöhnen müsste, kriege es aber einfach nicht auf die Reihe.

    1. Das gar nicht so kleine schwarze liegt zu Hause auf dem Schreibtisch. Für unterwegs nutze ich hauptsächlich mein iPhone – das habe ich eh immer dabei und passt zu jedem Outfit. Das Aufheben von Ideen muss man sich tatsächlich angewöhnen. So bekommt man dann auch Projekte abgeschlossen.

  2. Ähm, irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass Du kleine Seitenhiebe austeilst. Wie war das mit dem Kochen können gestern?
    Hier piekst Du mich mit den nicht abgeschlossenen Projekten. Sicher nicht absichtlich ;-)

    Ich habe jetzt mal mein Notizbuch (davon habe ich nämlich reichlich zur Auswahl, weil ich das Vorhaben ja schon lange mit mir herumtrage) neben mich gelegt. Wenn alles gut geht, trage ich es jetzt häufiger mit mir herum.

  3. Kann sein, dass ich das so verstehe, weil ich eben gerade ein Re-Write laufen habe und auch das Gefühl habe, es könnte noch ziemlich dauern… Etwas dünnhäutig also.

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