Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Winter. Jeder hat seinen Lieblingsplatz, wo er in dieser Jahreszeit gerne liest. Nicht wenige bevorzugen Plätze in der heimischen Wohnung, eingekuschelt in warmen Decke mit einem heißen Kakao oder Tee. Schön bequem, Tief versunken im Buch, vergiss man, wie das Buch zu einem gekommen ist.

Bequem. Um Bücher zu kaufen, muss niemand mehr seinen Lieblingsplatz verlassen, denn es gibt die Möglichkeit, Nachschub bequem über Internetversender wie amazon zu bestellen. Noch einfacher und schneller geht es, wenn man mit einem eBook-Reader direkt den nächsten Roman lesen kann. Nur eben Downloaden, fertig. Wer es lieber haptisch mag, die Bücher auch vor dem Kauf anfassen möchte, schleppt sich trotz der ungemütlichen Temperaturen draußen in Buchläden wie die Mayersche, Thalia oder Hugendubel. Alle bieten eine große Angebot an – überwiegend Bestsellern. Verkauft wird hauptsächlich Mainstream. Das ist nicht verwerflich, entspricht lediglich der Logik des Marktes und sichert letztendlich auch Arbeitsplätze.

Schande. Zum meiner eigene Schande muss ich gestehen, dass ich in Bezug auf Bücher auch immer die gleichen Wege einschlage. Entweder wird neuer Lesestoff direkt über amazon bestellt oder aber es ist ein Spontankauf, wenn ich zum stöbern in einer der großen Buchhandlungen bin. Diese faszinieren mich nach wie vor. So wie es in katholischen Kirchen nach Weihrauch riecht, so haben auch Buchläden einen ganz bestimmten Geruch den die Bücher ausströmen. Ein betörender Duft, der im Internet fehlt. Leider, und hier müsste ich säckeweise Asche auf mein Haupt streuen, greif ich nicht selten zu meinem iPhone um ein Buch, was mir im Laden vor Ort gefällt, auf meine amazon-Liste zu speichern. Wenn irgendwann eines nicht so fernen Tages die Buchläden ausgestorben sind, dann habe ich auch einen kleinen bescheidenen Beitrag dazu geleistet, muss ich wohl verschämt gestehen.

Allerdings. Selbst wenn ich noch brav mein Geld gegen Buch in der Mayerschen tauschen würde, so fehlt doch bereits etwas entscheidendes. Etwas, was ich in den letze Jahren vollständig aus den Augen verloren habe. Wohl auch deshalb, weil mir die Bedeutung nicht ganz klar war. Wer aufmerksam durch die Stadt gehet, findet sie noch, nicht nur in verschämten Seitengassen. Kleine Buchhandlungen, mit einem Sortiment jenseits des Mainstreams. Buchhändler, die ihren Namen mit Stolz tragen und viel Herzblut in ihren Beruf fließen lassen. Orte, wo Bücher gerade auch unbekannter Autoren zu finden sind. Einfach deshalb, weil das, was sie schreiben, dem Händler gefallen hat. Einem Händler, der sein eigenes, ganz spezielles Konzept für sein Geschäft hat. Der Bücher als das ansieht, was sie sind: Kultur Und keine Ware.

Retten. Wenn etwas durch unser Kaufverhalten massiv bedroht ist, dann wohl in erster Linie die literarischen Buchhandlungen, die auch ohne Internet am Rande Kostendeckung arbeiten. Buchhandlungen, die eben nicht austauschbar sind, sondern ihr eigenes Profil haben. Viel zu spät werden die meisten merken, was ihnen fehlt, wenn es diese Buchhandlungen nicht mehr geben wird. Dann allerdings dürfte es zu spät sein, sie zu retten. Dabei wäre das gar nicht so schwer. Man müsste lediglich häufiger oder auch überhaupt dort einkaufen. Dank Buchpreisbindung kostet selbst der Bestseller dort genauso viel wie bei den großen Filialisten. Wir retten dadurch nicht nur ein Stück Kultur, sondern sorgen auch dafür, dass noch unbekannte Autoren eine Chance erhalten, gelesen zu werden.

6 Kommentare

  1. Den kleinen Buchlaeden geht es wie den Tante-Emmalaeden – es kauft niemand mehr dort (oder nur im Notfall). Jammern hilft da nicht. ;-) Konsequent bei amazon suchen und im Buchladen bestellen.

    1. Das wäre auch noch eine Idee. Der Punkt aber ist, dass gerade in kleinen Buchläden Entdeckungen zu machen sind, die man so nie bei amazon machen würde. Das Thema wird mich auf jeden Fall noch länger beschäftigen.

  2. Der Buchhändler bei mir um die Ecke ist so nett und bestellt mir einfach das Buch das ich haben will. So läßt sich das Manko der geringen Verkaufsfläche problemlos ausgleichen und wenn eine gute Beratung hinzukommt, haben die Großen kaum noch eine Chance. Zumindest nicht bei mir ;)

  3. Ich habe hier auch einen kleinen Buchladen um die Ecke, ich war zwei, dreimal drin, habe aber nie das gefunden, was ich gerade brauchte und besuche ihn deswegen viel zu selten. Werde es mir aber jetzt auch wieder öfter vornehmen dort hinzugehen. Vielleicht sollte er mit dem Cafe zusammenarbeiten, welches gleich daneben ansässig ist.

  4. Beim (Buch)Händler in der Stadt/ im Veedel zu kaufen hat nur Vorteile.
    Da mich dieses Thema seit langem beschäftigt und ich gerade meine missionarischen fünf Minuten habe ;-), schreibe ich sie hier auf:

    – Jedes Geschäft, das noch einen Mieter hat, ist ein Gewinn.
    Denn im Umkehrschluss heißt das: Jedes leerstehende Geschäft trägt zur Verödung von Stadtteilen und Innenstädten bei.
    Und wer will schon auf leerstehende Läden gucken, die mit der Zeit vergammeln? Das habe ich in kleineren Städten selber schon gesehen, wahrlich kein schöner Anblick. Im Extremfall sind dies ideale Orte für (Klein)Kriminelle. :-(

    – man kann das Buch /die Ware ansehen, anprobieren, fühlen, riechen (letzteres ist bei Büchern naturgemäss nicht wichtig, bei manchen Produkten hingegen schon… ;-)

    – jedes Geschäft vor Ort sichert Arbeitsplätze und schafft Zukunftsperspektiven!!! Buchhändler und Einzelhändler bilden aus und bieten damit jungen Menschen eine gute Zukunftsperspektive!!!

    – die Arbeitsbedingungen von Amazon & Co sind katastrophal. Das ist hinlänglich bekannt. Muss man so etwas unterstützen?

    Im Internet zu bestellen mag bequem sein, weil die Ware nach Hause geliefert wird. Trotzdem sehe ich nur Vorteile darin, den (Buch)Händler vor Ort zu unterstützen.

    Schöne Grüsse, Rheinlandfee

    1. Das Argument mit den leerstehenden Geschäften ist durchaus beachtenswert. Ein Stadtteil / Veedel gewinnt seinen Reiz unter anderem auch durch die Mischung. Nur Restaurants und Cafés wäre mir auf Dauer zu eintönig. Und leerstehende Geschäfte sind wie eingeworfenen Fenster. So was zieht Kreise und am Ende ein ganzes Viertel herunter.

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