Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Kaum zu glauben, aber Hartz IV kann auch sehr spannend sein. Jedenfalls dann, wenn man sich Berechnungsgrundlage und die Aufschlüsselung der Verbrauchsausgaben ansieht.

Unter dem Punkt „Bildung” wird Erwachsenen 1,39 Euro im Monat zugestanden. Man muss kein Rechenkünstler sein um auf einen Blick zu erkennen, dass diese Summe weder für eine Zeitung noch den Erwerb von Büchern reicht.

Sicher, man kann sich auch in der Stadtbibliothek, sofern sie nicht aus Geldmangel geschlossen, Bücher ausleihen. Das setzt aber voraus, dass man als Hartz-IV-Empfänger nichts für den Leihausweis und die Ausleihe bezahlen muss. Aber selbst dann gibt es noch das Problem, wie man zur Bücherei hingelangt. Ein Auto wird den Bedürftigen ja nicht zugestanden. Sofern sie kein Monatsticket haben, verbrauchen sie im vier Tickets für die Bildung. Die kosten selbst bei Ermäßigungen mehr als 1,39 Euro zusammen. Bleibt dann noch laufen oder Fahrrad fahren – sofern denn bereits eins vorhanden ist, denn anschaffen lässt sich mit Regelsatz nicht mal ein gebrauchtes.

Neben den Büchereien wäre VHS-Kurse eine weitere Bildungsmöglichkeit. Wieder vorausgesetzt, die wären für den Hartz-IV-Empfänger kostenlos. Schwierig nur, wenn einem dann doch noch Geld fehlt für Papier und Stifte, denn nicht jeder kann sich das gehörte und gelernt sofort und dauerhaft merken.

Mit Sicherheit lassen sich noch viel mehr Beispiele finden, die zeigen, dass 1,39 Euro unangemessen wenig ist für Bildung. Es sei denn, man möchte, dass die Menschen dumm bleiben.

Nachtrag:

Auf der Webseites des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales findet sich der Referentenentwurf zum Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe. In dem Dokument wird dann nach mal klargestellt, welche Ausgaben unter dem Punkt Bildung berücksichtigt werden, nämlich lediglich die Gebühren für Kurse oder ähnliches. Alles andere findet sich unter dem Punkt Freizeit, Unterhaltung und Kultur. Angesetzt sind da 39,96 Euro im Monat für Leistungsempfänger. Bildungsrelevant wären davon folgende Positionen:

  • Ausleihgebuühren Bücher und Zeitschriften 0,72 €
  • Zeitungen und Zeitschriften 6,53 €
  • Bücher und Broschüren 5,14 €
  • Sonstige Gebrauchsgüter für Bildung, Unterhaltung, Freizeit 2,11 €
  • Sonstige Verbrauchsgüter (Schreibwaren, Zeichenmaterial u.Ä.) 2,41 €
  • Außerschulischer Unterricht und Hobbykurse 1,61 €

Das sind dann zusammen 18,52 €. Mit dem Betrag für Bildung kommt man sogar auf 19,91 €. Das ist doch mal was. Dafür muss sich der Arbeitslose das Geld natürlich gut einteilen und darf dann auch monatlich nicht mehr als 12 Liter Flüssigkeit verbrauchen, denn sonst kommt er mit den 16,34 &euro dafür nicht aus.

3 Kommentare

  1. Ich finde man sollte nicht vergessen, dass wir hier vom Existenzminimum sprechen und die Leute ja nicht wie die Könige in Frankreich leben sollen – wo wäre sonst die Motivation sich wieder Arbeit zu suchen!? Ich als Student bekomme weniger Bafög als die meisten Hartz 4 Empfänger und bilde mich trotzdem – ein Bibliotheksausweis ist nämlich immer finanziell möglich und zudem liegt Bildung auch zum größten Teil in der Erziehung…

    1. “ wie die Könige in Frankreich leben sollen“- Herr Westerwelle hat ja bereits einen passenden Begriff dafür gefunden: „Spätrömische Dekadenz“. Der Unterschied zwischen Studenten und Hart-IV-Empfängern ist der, dass Studenten eine Zukunfsperspektive haben…

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