Von allen guten und bösen Geistern verlassen

In den letzten Tagen waren einige böse Kommentare zu vernehmen in Bezug auf das Urteil im Fall Althaus. Nach dem gestern der Erpresser von Susanne Klatten zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, dürfte wohl wieder heftig an den Stammtischen diskutiert werden.

Kann man die beiden Fälle vergleichen, kann man eine Geldstrafe von 5.000 Euro mit sechs Jahren Haft vergleichen? Nein, man kann es nicht. Man darf es auch nicht. Im Fall von Althaus geht es allenfalls um fahrlässige Tötung, während sich Helg Sgarbi der vorsätzlich Erpressung schuldig gemacht hat.

Sehen wir mal davon ab, dass das eine Urteil in Österreich und das andere in Deutschland gesprochen wurde, da im Fall von Althaus das Strafmaß in Deutschland auch nicht wesentlich anders ausgefallen wäre. Korrigiert werden muss auch unbedingt die Vorstellung, dass es sich um ein Promi-Urteil handelt oder das so etwas wie politische Einflussnahme stattgefunden hat. Sowohl in Österreich als auch in Deutschland haben wir eine unabhängige Justiz. Beide Länder sind keine Bananenrepubliken, sondern Rechtsstaaten. Auch ein einfacher Bürger Althaus hätte das gleich Strafmass erhalten – anderweitige Behauptungen diskreditieren letztendlich unsere Demokratie. Es geht eben nicht um das so genannte „gesunde Volksempfinden”, das ab und an Tendenzen zur Lynchjustiz aufweist, sondern um Rechtssprechung und Rechtssicherheit.

Beide Urteile basieren auf geltenden Gesetzen. Wem die Urteile nicht passen, der sollte nicht die Richter schelten, sondern sich mit den Gesetzen auseinander setzten. Nicht ohne Grund wird differenziert zwischen Mord und Totschlag, zwischen fahrlässig und vorsätzlich. Es gibt wohl leider auch immer noch ein Tendenz, Eigentumsdelikte anders zu bestrafen als Delikte gegen Leib und Leben, die historische Wurzeln hat.

Fassen wir zusammen. Nicht die Urteil sind falsch, sondern unsere Vorurteile. Die Rechtssprechung dient dazu, nach Möglichkeit eine Wiederholung der Tat zu verhindern und den Täter zu strafen. Sie dient im Strafrecht nicht dem Ausgleich von Interessen, wie im Zivilrecht. Letztendlich basieren die Urteile auf gültigen Gesetzen. Wer unzufrieden ist, sollte gegen die Gesetze, nicht aber gegen die Urteile protestieren.

Eine Antwort

  1. Im großen und ganzen eine gute und fast wertfreie Zusammenfassung. Jedoch gibt es noch einige Einzelaspekte, die durchaus berücksichtigt werden müssen. So gibt es eine Vorbildfunktion zwischen denen die in einem Rechtsstaat leben und jenen, die diesen vertreten.

    Lediglich den Schlusssatz empfinde ich als zu einfach gestrickt. Weder der einzelne Bürger, noch Bürgerinitiativen haben eine Chance darauf, das Rechtssystem zu ändern. Eben sowenig wie wir praktische Möglichkeiten haben abseits der Wahlzeiten Einfluss auf die politischen Entscheidungen zu nehmen.

    Und genau das ist der Punkt, warum Stammtischparolen oftmals über das Ziel herausschießen. Je größer die gefühlte Ungerechtigkeit umso größer auch der Hang zu überzogener Lynchjustiz.

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