Seinen Ausspruch, dass Assimilierung ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei, hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nochmals wiederholt. Der Aufschrei quer durch alle Parteien, den er damit bereits bei seiner Rede am Sonntag in Köln ausgelöst hat, ist sehr groß. Sicher lässt sich jetzt noch an dieser Stelle weiter Öl ins Feuer gießen.
Es wäre aber auch durchaus angemessen, sich eine neue Stelle zu suchen und dort ein wenig Salz in Wunden zu streuen. Schauen wir also deshalb lieber nicht nach Deutschland, sondern Richtung Türkei und versuchen, Erdogan mit seinem eigenen Massstab zu messen.
Bis weit in die 90er Jahre des vergangen Jahrhunderts wurde dort gegenüber den Kurden eine extrem Politik der totale Assimilierung verfolgt. Das Unterrichten, ja sogar das Sprechen der Kurdischen Sprache in der Öffentlichkeit war verboten. Mit brutalster militärischer Gewalt wurden Kurden verfolgt und bekämpft.
Auch wenn die offensichtlichsten Formen der Unterdrückung nachgelassen haben, so kann dennoch nicht davon geredet werden, dass die Türkei nicht weiterhin bestrebt ist, die Kurden zu assimilieren. Das was Erdogan fordert, sieht also von diesem Standpunkt aus zumindest scheinheilig aus.
Vielleicht ist es zu gewagt, aber: die Aussage von Erdogan könnte in Richtung der Kemalisten gemünzt sein. Streng genommen ist der Kemalismus eine Assimilierung. Eine Abkehr der Türkei von ihren islamischen Wurzeln und ein Anbiederung an den Westen.
Damit ist die Aussage von Erdogan in Deutschland zwar ein Ärgernis, in der Türkei aber sollte sie die Menschen wachrütteln und sie genau darauf schauen lassen, welchen politischen Kurs der türkische Ministerpräsident wirklich verfolgt. Die Aufhebung des Kopftuchverbotes ist dann vielleicht nur ein Anfang.
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