Es gibt wohl sehr wenige Menschen, die von sich behaupten können, noch nie in ihrem Leben gelogen zu haben. Die allermeisten lernen recht früh in der Kindheit den praktischen Wert der Lüge kennen. Wobei Lüge nicht gleich Lüg eist. Zwischen der Notlüge und dem fachgerechten Betrug klafft eine weite Lücke.
Aber wir wollen uns ja nicht auf historischer Weise der Lüge nähern, sondern nur eine Abgesang verfassen. Einen Abgesang auf die Lüge, die im Begriff ist zu verschwinden. Sie verschwindet privaten genauso wie im öffentlichen Bereich. Während die Lüge früher der Verschleierung diente, sie teilweise aus einer angst heraus angewandt wurde, ist es heut die Angst, die uns vom lügen abhält.
Diese Angst entsteht dadurch, dass niemand mehr so genau was, was über ihn alles bekannt ist. Täglich, stündlich werden irgendwo auf der Welt Daten über uns gesammelt, Daten die ein Profil von uns ergeben. Wer weiß schongenau, was von dieser Datenmenge demjenigen bekannt ist, den wir zu belügen gedenken?
Während ein Weg aus dem Dilemma sicher in den Straftatbestand der Urkundenfälschung führt – dann wenn wir versuchen, durch das faken von Dokumenten und Daten eine neue Wahrheit zu erschaffen – erreichen wird auf dem anderen Weg nur einen Zustand, der von oberflächlicher Wahrheit und Phantasielosigkeit gekennzeichnet ist. Nicht immer ist es gut, alles zu wissen.
Nicht ohne Grund heißt es im Film Matrix (wir reden hier über den ersten Teil, die anderen existieren eigentlich gar nicht):
Unwissenheit ist ein Segen.
Allerdings lässt sich nicht daraus folgern, dass nur der Dumme wirklich glücklich ist. Die Unwissenheit, auf die sich das Zitat bezieht, ist eher charakteristisch für eine Situation, wo die eigenen Lebensqualität von einer Lüge abhängt.
Möchte man zum Beispiel als todkranker Mensch wirklich wissen, wie viel Tage und Wochen einem noch bleiben? Will ein Volk ernsthaft hören, was die Vereinigung zweier Staaten kostet, oder will es den Moment mit Jubel, Sekt und Feuerwerk genießen?
Keine einfachen Fragen, zumal es in beiden Fällen für die Lüge genauso viel Argument gibt wie für die Wahrheit. So unterschiedlich beide Fälle auch erscheinen, sie haben eins gemeinsam: die Wahlmöglichkeit zwischen Lüge und Wahrheit. Was aber, wenn es diese Wahlmöglichkeit nicht mehr gibt? Ist die Welt dann wirklich besser geworden?
Eine Antwort
hmmm, basiert das Prinzip des Gefängnisses ‚Panoptikum‘ darauf, dass der Gefangene gerade nicht weiss, ob er beobachtet wird oder nicht??
JBJ