Laut Artikel 20 des Grundgesetztes gilt solange die Unschuldsvermutung, bis eindeutig das Gegenteil bewiesen wurde. Ein potentieller Straftäter oder Terrorist mag zwar verdächtig sein und sich so verhalten, so lange er sich ab nicht tatsächlich strafbar gemacht hat, ist er als unschuldig zu betrachten. Dieser Grundsatz ist wichtiger Bestandteil unsere Demokratie. Ihn abzuschaffen oder ins Gegenteil zu verdrehen, schadet der Demokratie in jedem Fall mehr, als dass der eventuelle Nutzen dies rechtfertigen würde.
Wenn die Bürger eines Landes nicht mehr wissen, ob sie durch ihr aus ihrer Wahrnehmung harmloses Verhalten schon zu staatsgefährdenden Subjekten deklariert wurden, wenn darüber auch noch die Androhung von Folter zur Erpressung von Geständnissen schwebt, dann wird ein Land nicht wirklich sicherer, sondern es wandelt sich in einen Schreckensstaat. Ständiger Begleiter der Bürger ist die Angst, in die Überwachsungsmaschinerie zu geraten.Welche Folgen das auf die Menschen hat, lässt sich gut an untergegangen Diktaturen beobachten. Auch die Staatssicherheit der ehemaligen DDR arbeitet nach dem Prinzip Stabilität durch Angst.
Das Wolfgang Schäuble jetzt mit dem Gedanken spielt, im Rahmen der Terrorabwehr die Unschuldsvermutung abzuschaffen, zeigt einmal mehr, dass dieser Mann endgültig jeden Bezug zur Rechtsstaatlichkeit verloren hat. Es geht hier nicht mehr um eine maßvolle Bekämpfung von Terrorismus, sondern um eine persönliche Vendetta. Abschießen, Überwachen, Entrechten – drei Schlagwörter, die Schäubles Vorstellungen aus den letzen Monaten kennzeichnen.
Dieser Innenminister ist nicht nur für die Bundesregierung, sondern auch für den deutschen Staat, so wie wir ihn kennen, ein ernstzunehmende und kaum zu unterschätzende Bedrohung. Der Protest gegen seine Vorschläge allerdings ist viel zu leise. Mit deutlicher Entschiedenheit müsste seinen Plänen widersprochen werden.
Das wohl schlimmste, was jetzt noch passieren kann, wäre ein fanatischer Terrorist (egal welcher Glaubens- oder Ideologierichtung), der Wolfgang Schäuble dem Gefallen tut, tatsächlich einen Anschlag in Deutschlang durchzuführen. Dann hätte Schäuble die endgültige Rechtfertigung, um seine zaghaften Kritiker zum schweigen zu bringen. Sein Sieg wäre aber nur ein Pyrrhussieg, denn er hätte die Zerstörung der Demokratie zu Folge – genau das wollen die Terroristen ebenfalls. Letztendlich würde Herr Schäuble somit zum Helfershelfer der Terroristen.
4 Kommentare
Woher hast Du Art. 20 GG; bzw. die Auslegung ?
Ohne es nachzulesen, meine ich, dass der zweite Teil (20 ff.) die Staatliche Strukturen regelt.
Mhm ja, er regelt unter anderem das Recht auf Widerstand gegen die Abschaffung des GG. Wo das jetzt mit dem UP stand, habe ich nicht gefunden – kommt davon, wenn man die Artikel morgens im Zug schreibt.
Hallo Thomas,
habe nochmal nachgesehen und siehe da, tatsächlich, der Art. 20 GG wurde hierfür heranzogen.
In den 80er ging es da um die Hafterleichterung eines Bundeswehrgenerals, in den 50er hat das BVerfG auch schon hiernach entschieden.
Es ist so, wie unser Staatsrechtler in der Schule sagte, das GG ist ein seeeehr dehnbare Rechtsnorm.