Derzeit geistern durch die politische Landschaft zwei Erregern, denen vermutlich selber gar nicht klar ist, wie gefährlich ihr Verhalten für die Demokratie ist. Da haben wir zum einen den Innenminister Wolfgang Schäuble, der unser Land in einen Überwachungsstatt verwandeln will. Zur vermeintlichen Bekämpfung krimineller und terroristischer Elemente sollen wir auf immer mehr Grundrechte, wie zum Beispiel der die Unverletzbarkeit der eigenen Wohnung, verzichten. Eine zentrale Speicherung sämtlicher biometrischer Daten kontakariert die bisher geltende Unschuldsvermutung. Jeder Bürger ist so primär erstmal ein potentielles Sicherheitsrisiko.
Sicher, viele werden anführen, dass ja derjenige, der sich nichts zu schulden kommen lässt, auch nichts zu verbergen hat. Umgekehrt bedeut dies aber die Aufgabe jeglicher Form von Privatsphäre. Menschen, die darauf krankhaft freiwillig verzichten, sind entweder wegen Exihibitionismus angeklagt oder sitzen in irgendwelchen Nachmittags-Talkshows.
Die zweite Bedrohung für die Demokratie sind Politiker wie der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, der in einer öffentlichen Rede aus Hans Filbinger, einen Vorgänger im Amt und ehemaligen Marinerichter, quasi einen Widerstandskämpfer gegen das Dritte Reich macht. Dabei hatte Filbinger tatsächlich in seiner Funktion als Richter mehrer Todesurteile gegen Desateure mit zu verantworten.
Die wohl offensichtlichste Fragen hat bis dato aber noch niemand gestellt: Würde Wolfgang Schäuble so konsequent und mutig sein, auch Oettinger überwachen zu lassen, da dieser schließlich mit seiner Parteinahme für Filbinger rechten Strömungen wieder Auftrieb verschafft?
2 Kommentare
Nachdem Filbinger laut Oettinger kein Gegner des Nationalsozialismus ist und jetzt auch wohl keine “ belegbare innere Distanz“ mehr zu diesem hat, ist ja alles in Ordnung. Und zwar in Ordnung im Sinne der Verlogenheit, die man in Deutschland so gern hat.Das wichtigste ist die Karriere als Untertan, die Ideologie paßt man da halt dem jeweiligen Zeitgeist an. Filbinger wurde aus Karrieregründen erst Nazi, dann überzeugter Demokrat. Oettinger, dessen Ausführungen als Trauerredner sinngemäß schlußfolgern ließen, diese karrieretechnische Anpassung sei doch dem politischen Wiederstand geradezu gleichzusetzen und der damit Karrierismus zur höchsten Leistung geadelt hat, verhält sich nun entsprechend karrieristisch.Und alle sind zufrieden, weil die meisten Deutschen ähnlich demokratiefern orientiert sind. Unter diesen deutschen Verhältnissen verhält die NPD sich geradezu musterdemokratisch, weil die Mitglieder und Anhänger sich nicht karrieretechnisch verbiegen, sondern für ihre Idee ungeachtet persönlicher Nachteile eintreten. Damit verhalten sie sich, auch wenn einige von ihnen sicher demokratieferne Ziele haben, demokratischer als die ganzen Karrieredemokraten. Ich wiederhole: meiner Vermutung nach würde Sophie Scholl heute NPD wählen.
Zur NPD: Linientreuen Faschisten demokratische Anwandlungen zu unterstellen, halte ich für nicht angebracht. Die NPD ist nicht „musterdemokratisch” – eine allgemeine Verlogenheit kann ich in Deutschland nicht feststellen. Wohl aber die Notwendigkeit zu einem beständigen Diskurs. Das Oettinger jetzt zurück gerudert ist, entspricht möglicherweise nicht seiner inneren Überzeugung. Das aber der Druck auf ihn so groß war und ihn zu einer Rücknahme seiner Äußerungen gebracht hat, spricht auf jeden Fall für unsere Demokratie.
Zu Sophie Scholl: Sie würde ganz gewiss nicht die NPD wählen. Eine solche Unterstellung vernachlässigt, aber das nur am Rande, ihre Biographie.