Im Fernsehen und in der Zeitung sind die hasserfüllten Gesichter von protestierenden Moslems zu sehen. Ich gebe zu, ich kann das, was auf ihren Plakaten steht, nicht lesen. Daher bin ich auf das angewiesen, was mir als Bildunterschrift angeboten wird. So heißt es zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung:
Aufgebrachte Muslime auf einer Kundgebung im indischen Bundesstaat Jammu.
Eingebettet ist das in einen Artikel über die Empörungen der islamischen Welt über den Äußerungen des Papstes, wobei es in der Überschrift bereits heißt:
Islamische Welt empört über den Papst
Die hasserfüllten Gesichter machen mir offen gesagt angst. Ich bin mir aber nicht sicher, was sie zu den Protesten getrieben hat, da ich, wie gesagt, die Schrift auf ihren Plakaten nicht lesen kann und auch nicht weiß, was sie über das Zitat des Papstes wissen. Haben sie in der Zeitung einen Artikel dazu gelesen wo auch geschrieben wurde, in welchem Kontext das Zitat gefallen ist? Ich fürchte nicht. Es wäre möglich, dass ihnen bei einer Predigt gesagt wurde, dass der christliche Papst den Propheten Mohamed beleidigt und in den Schmutz gezogen hat.
Was aber passiert hier bei uns in Deutschland? Eine seriöse Zeitung wie die die Süddeutschen Zeitung hat auf ihrer ersten Seite die oben zitierte Überschrift. In anderen Zeitungen wird es wohl ähnlich sein. Bei vielen Menschen in unserem Land bleibt dann hängen, das Moslems gegen den Papst protestieren, dass der Islam den Stellvertreter Gottes (nach katholischem Glauben) kritisiert.
Der Reflex bei einfach Gläubigen wird der gleiche sein wie der zuvor in der islamischen Welt. Genauso wie dort wird auch hierzulande von politischen Interessengruppen der Vorfall aufgegriffen um Stimmung gegen den Islam an sich zu machen.
Wir sind dann wieder am Beginn einer Spirale des gegenseitigen Nicht-Verstehen-Wollens, an deren Ende die Gewalt lauert.
8 Kommentare
Über diese Entwicklungen muss man auch besorgt sein. Sie treibt eine Spirale an, deren Energie nichts gutes verheißt.
Durch einen Kommentar bin ich auf diesen Artikel von Vroni Gräbel gestossen, der wirklich sehr lesenswert ist und es m.E. auf den Punkt bringt:
http://the-missinglink.blogs.com/logisches/2006/09/der_papst_und_d.html
Islam und Christentum, beide in einen Sack und draufgehauen. Man trifft immer den richtigen! :-( Religion ist Opium fürs Volk, hat mal jemand gesagt, und sowies aussieht sind die alle high und drehen durch. Und so wird aus der Religion Zunder für den 3. Weltkrieg oder so… dabei haben sich beide Glaubensrichtungen meines Wissens „Toleranz“ ganz gross auf die eigene Fahne geschrieben, oder? Aber gerade mit dieser scheint es zumindest beim Islam nicht wirklich weit her zu sein… :-/
Ich spiel ungern den Oberlehrer (auch wenn das vielleicht passen würde ;-), aber Karl Marx sprach vom „Opium des Volkes“ – das macht meiner Meinung nach einen Unterschied zu dem häufig verwendeten Satz „Opium für das Volk“.
Meiner bescheidenen Meinung beruht die Aufklärung auf dem Christentum. Ohne die Aufklärung wäre mitunter auch der weit verbreitet Atheismus, der in vielen Fällen nicht eine Lösung vom Glauben, sondern eine Lösung von religiösen Institutionen und deren Interpretation des Glaubens, ist, nicht denkbar.
Die ethischen und moralischen Wert, die im Neuen Testament der Person Jesus zugeschrieben werden, stehen für mich außerhalb einer Diskussion, da ich sie auf jeden Fall als richtig, wahrhaftig und gut erachte. Was gerade die katholische Kirche in den 2000 Jahren daraus gemacht hat, ist wieder was ganz anderes.
Sehr empfehlenswert ist im übrigen das Buch „Was würde Jesus heute sagen“ von Heiner Geißler.
Ja, das Heiner Geißler Buch ist wirklich sehr zu empfehlen. Ich habe darüber meine Religions-Abitur (ich komme halt aus Bayern) gemacht. Doch Thomas, einwenig muss ich dir wiedersprechen. Zwar sind über mehr als 1,5 Jahrtausende alle bedeutenden Philosophen gläubige Christen gewesen (selbst Kant trat an umd Gott und Philosophie wieder zusammenzuführen), dennoch hat dies einzig mit der philosophischen Ausprägung des Christentums zu tun. Insbesondere die Institution Kirche hat damit nichts zu tun. Im übrigen parallel verhält es sich mit dem Islam: Fast alle bekannten Aristoteles-Texte und viele andere griechische und römische Philosophen haben das dunkle christliche Mittelalter nur über den Umweg des arabischen bis heute Überlebt. Die großen islamischen Biblitheken (etwa al-Kindis oder auch al-Ghrazalis oder Ibn-Rushds) erhielten die Texte als sie in Europa verbannt waren…
Thomas, magst du meinen Trackback etwas kürzen?
@Claudius: Ach, der trackback kann doch so bleiben. Keine Ahnung, warum der so lang geworden ist :-)
Und zu den alten Griechen und Römmer: Ja, die habe ich wohl unterschlagen. Wobei diese auch Einflüsse auf den christlichen Glauben gehabt haben. Aber zu recht merkst du an, dass wichtige Schriften hierzulande das dunkle Mittelalter nicht überlebt haben und zum Glück außerhalb Europas die Jahrhunderte überdauerten.
Interessant an der Stelle wer mal eine (grafische) Übersicht der Geschichte der Philosophie mit den wichtigsten Strömungen, deren Ursprung und der Verbreitung der Texte.
hier gibts soclhe Karten: Guckst du Seite 6, 10 und 11.
http://www.philosophie.uni-bremen.de/uploads/media/Arabische_Aristoteles-Rezeption.pdf
@Claudius al-Musafir: Super, danke für den Link!