Irgendwo im Keller habe ich noch ein „Kein-Blut-für-Öl-Schild”. Hinter zu klein gewordenen Hosen im Kleiderschrank dürfte auch noch mein altes Palästinensertuch liegen, dass in etwa aus der gleichen Zeit wie das Schild stammt. Aber eigentlich möchte ich beide Dinge da lassen, wo sie sind und mal ein paar ernstere Sätze zum Thema Israel und dem Krieg im Nahen Osten aufschreiben.
Für viele ist die wohl ernüchternde Wahrheit abseits der Bilder aus dem Fernsehen, dass die Wirklichkeit in der Realität wesentlich komplizierter ist als im Film. Eine einfache Einteilung in gut und böse, in schwarz und weiß ist nicht möglich. Die Frage danach, wer wen wann zuerst beschossen hat, dass gegenseitige aufrechnen von Toten führt in keinster Weise weiter.
Für uns, die wir zum Glück nicht mitten drin stecken, empfiehlt sich in erster Linie, nicht Partei für eine der beiden Seiten zu ergreifen, sondern von neutraler Position aus die Fakten, von den Fiktionen und Fakes zu trennen Wie so oft, so ist auch in diesem Fall ein Blick in die Geschichtsbücher nicht nur hilfreich, sondern für ein Verständnis des Dauerkonfliktes im Nahen Osten unumgänglich.
Die besondere Ironie an dem Krieg im Nahen Osten ist, dass sich das Schicksal der Israelis in dem der Palästinenser widerspiegelt. Die beiden Völker sind untrennbar miteinander verbunden. Allein schon der Artikel bei wikipedia zum Staat Israel zeigt, wie komplex die Thematik ist.
Ausdrucksweise wie „die Juden” (besonders im Zusammenhang mit Schuld) verbieten sich von ganz alleine. Nicht nur weil es die Debatten in einem rassistischen historischen Kontext einbetten, sondern weil es ebenso an der Wirklichkeit vorbei geht wie Sätze mit „der Moslem an sich”. Es geht auch in dem Krieg nicht um Religion und Glauben, sondern schlicht und einfach um ein Stück Land zum Leben. Oder um es auf den Punkt zu bringen: um das grundsätzliche Existenzrecht zweier Staaten und zweier Völker. Zweier Völker, die der gleichen Familie entsprungen sind, eigentlich Schwestern und Brüder sein müssten, sich aber dennoch oder gerade deshalb bis aufs Blut hassen und bekämpfen.
Sowohl die Israelis als auch die Palästinenser stehen mit dem Rücken zur Wand. Beide Seiten beanspruchen für sich, um ihre bloße Existenz zu kämpfen. Dabei haben die Palästinenser am wenigsten zu verlieren, denn bis auf das nackte Leben ist ihnen nicht mehr viel geblieben. Die Israelis selber haben einen hohen Preis für ihr Land bezahlt. Jedes Stückchen Erde ist mit viel Blut erkämpft worden. Für ihr Schicksal hat sich noch lange Zeit niemand interessiert. Jahrhunderte lang wurden sie vertrieben, verstoßen, verfolgt und zuletzt in Deutschland massenhaft ermordete.
Mit dem heutigen Israel hat sich ein Volk endlich wieder eine Heimat errichten können. Ein Platz zum Leben – in Frieden? In knapp hundert Jahren wurde aus einem unwirtlichen Flecken, Streifen Land am Mittelmeer ein moderner Staat mit blühender Landwirtschaft und florierender Wirtschaft. Der so entstandene Reichtum wurde aber nicht gerecht geteilt.
Für die Palästinenser blieb nicht mal so viel über, um ihre Familien zu ernähren. Die Jugend hat keine Hoffnung auf eine Zukunft. Sie vegetiert ohne nennenswerte Ressourcen auf Wüstenboden. Sie sind es jetzt, die vertrieben, verstoßen und verfolgt werden.
Wie aber lässt sich der Konflikt lösen, ohne dass wieder jederzeit ein neuer Krieg ausbricht, neue Anschläge auf Zivilisten verübt werden?
Militärisch gesehen gibt es nur eine Option, die dauerhaften Frieden garantieren würde. Die vollständige und rückhaltlose Vernichtung des Gegners. Nur wenn der Besiegte vollständig besiegt, beseitig ist, wird er nicht mehr die Möglichkeit haben, erneut zu den Waffen zu greifen.
Eine andere militärische Lösung kann dauerhaft keinen Bestand haben, da beide Seiten gerechtfertigte Ansprüche auf den selben Flecken Land haben.
Da die vollständige Vernichtung eines Volkes ein Weg ist, der völlig außer Frage steht, kann nur eine friedliche Einigung beider Seiten den Konflikt aufheben. Ein solche Einigung setzt den Willen zur Einsicht und die Bereitschaft zur Verständigung voraus. Solange das nicht gegeben ist, werden sowohl die Palästinenser als auch die Israelis weiterhin ihren hohen Blutzoll entrichten müssen. Je länger der Krieg andauert, desto stärker schwinden die Chancen auf Frieden. Immer neue Wunden brechen auf, immer mehr Opfer sind zu beklagen, immer lauter werden die Rufe nach Rache für die Toten werden.
Beiden Seiten sollte klar sein, dass es weder Sieger noch Gewinner geben kann. Sowohl Palästinenser als auch Israelis müssen aufeinander zugehen, müssen zum Teil zu schmerzhaften Zugeständnissen bereit sein. Nur wenn beide Völker sich gegenseitig eine Chance geben, sich anerkennen und einander helfen, wird in der Region Frieden möglich sein. Es wäre ein Frieden, der ein leuchtendes Vorbild für die Lösung vieler weiterer Konflikte auf diesem kleinen Planeten sein könnte.