Jetzt, wo das schwenken der Landesfahne wieder nachlässt, mag so mancher von der Hoffnung getragen werden, daß der deutsche Wähler wieder zur Besinnung kommt. Angesichts der Reformwelle, die die letzten Körner der Solidarität aus dem gut geschmierten Getriebe der Wirtschaft rausspült, wäre dies auch dringend geboten.
Stattdessen aber passiert nichts. Kein Volk, das muckt, niemand, der auf die Straße geht (abgesehen von ein paar bald ehemaligen Allianzmitarbeitern). Das aufziehende Sommerloch mit seiner drückenden Hitze zieht magnetisch alles an, bringt alles zum Stillstand. Fatalerweise werden die Menschen in Deutschland im Herbst dann merken, daß es nicht die Sonne war, welche die gesamte Ernte verbrannt hat. Das haben schon vorher andere in Berlin aufs gründlichste besorgt.
Gerade meine Generation, die auch von den Veränderungen betroffen sein wird, sollte doch eigentlich so viel Weitblick besitzen, daß sie sich schon aus schierer Notwendigkeit gegen die von der großen Koalition beschlossenen Änderungen stemmt. Für sich selber und die nachfolgenden Generationen endlich reinen Tisch macht und eintritt für eine Neuordnung. Wir, die wir noch teilweise die Bedeutung des Wortes „Soziale Markwirtschaft” erlebt haben, sollten uns für ihren Erhalt einsetzten, bevor der ungezügelte Shareholder Value uns und unsere Kinder frisst.
Wohlgemerkt, es geht nicht um eine pauschale Kritik am Kapitalismus oder um eine Glorifizierung des zu Recht gescheiterten Kommunismus. Es geht viel mehr darum, zu klären, warum wir nicht in der Lage sind, die Lethargie zu überwinden, die uns scheinbar fest umschlossen hält.
Warum meine Generation so reagiert, wie sie es zur Zeit tut, ist im Grunde recht schnell und einfach erklärt. Dazu genügt es, sich das Spielzeug näher anzusehen, mit dem wir groß geworden sind. Von allen Dingen, mit denen uns unsere Eltern in der Kindheit versorgt haben, stich eines besonders hervor: das Monchhichi.
Dieses putzige Äffchen hat uns mehr geprägt als wir gemeinhin zugeben würden. Spielerisch haben wir früher eingeübt, was heute zu unserem politischen Reflex geworden ist. Wenn es unangenehm wird, stecken wir den Daumen in den Mund und klammern uns irgendwo fest. Das gibt etwas Halt und beruhigt.
Denken wir aber daran, welches Schicksal den Monchhichis widerfahren ist. Sie sind vom Markt verschwunden. Ähnlich wird es uns ergehen, wenn wir nicht über uns hinauswachsen werden.