Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Eigentlich wollte ich nur einen neuen Wasserkocher, aber wir alle wissen ja, wie das mit dem Wörtchen „eigentlich“ so ist. Dahinter verbergen sich in der Regel mittlere Katastrophen und merkwürdige Umweg. In ganz seltenen Fällen kann so ein Umweg aber zu einem Segen werden. Der heimische Wasserkocher, mittlerweile über 14 Jahre alt, neigte sich langsam aber sicher seinem natürlichem Ende zu. Da ein Wasserkocher zu Hause die Grundversorgung mit Tee und Kaffee gewährleistet, muss in einem solchen Fall schneller Ersatz her. Aus reiner Bequemlichkeit bestellte ich ein neues Gerät bei „Ihr-wisst-schon-wo“.

Wobei, das ist jetzt etwas gelogen. Da meine Frau an dem betreffenden Tag bereits unterwegs war um neue Druckerpatronen zu kaufen, scheuchte ich sie telefonisch, was ich zu meine Schande gestehen muss, etwas durch einen großen Elektronikhändler. Der erste von ihr ins Auge gefasste Wasserkocher hatte einige negative Kritiken, andere Modell, die ich vorschlug, waren nicht auf Lager — vermutlich, denn ein Verkäufer stand zum Zwecke der Beratung nicht zur Verfügung. Zur Sicherung des häuslichen Friedens vertagten wir den Kauf. Und so landete ich sonntags dann bei besagtem Onlinehändler. Nach intensivem Studium zahlreicher Testberichte entschied ich für ein Modell, bestellte es und wartete. Wartet noch etwas länger. Bis ich dann mal beim Händler nachfragte. Die Lieferung sei wohl im Versandzentrum verschwunden. Mir wurde noch am selben Tag der Kaufbetrag zurück erstattet.

Damit hatte ich nach über einer Woche allerdings immer noch keinen neuen Wasserkocher. Somit ich landete ich dann wieder zurück auf Los, also in genau dem Laden, in dem meine Frau bereits erfolglos gesucht hatte. Schnell fand ich genau den Wasserkocher, welcher mir bei meiner Bestellung geliefert worden wäre. Schnell verdrängte Erleichterung meinen Unmut (nach Feierabend noch mal schnell bei Saturn einzukaufen, ist eher weniger mein Ding). Der Wasserkocher stellte sich als extrem unfunktional heraus. Ratlos sah ich mich um. Eine ganze Regelwand mit Wasserkochern blickte mich lüstern an. Klar, ich wollte ein Gerät aus Edelstahl. Aber das schränkte die Auswahl nur unwesentlich ein.

Jutta statt Plastik

Kürzen wir das an dieser Stelle etwas ab. Im Fällen, wo ich Beratung in Geschäften vermisse, reagieren ich mitunter merkwürdig. Ich fange dann an, Kartons aus den Regalen zu räumen, die Ausstellungsstücke auseinander zu nehmen und ähnliches. Es wirkte. „Kann ich Ihnen helfen?“ rief jemand am Rande der Panik, überzeugt, der Kunde könnte Schaden anrichten. Gut, ich übertreibe hier etwas. Jedenfalls jetzt jemand zum ausfragen. Ich nannte Preisvorstellung und Funktion. Mir wurde dann erklärt, dass ein Wasserkocher am besten vollständig aus Metall oder Glas sein sollte, also ohne eingelassenes Sichtenster aus Kunstoff. Bei dem Fenster könnte sich die Silikondichtung durch Reinigung mit Essig auf Dauer lösen. Klang für mich einleuchtend. Genau so wie er Hinweis, wenn man denn wie ich auf Kunstoff verzichten wolle, dann sollte man es auch konsequent machen.

Letzten Endes empfahl er mir genau das Gerät, was meine Frau als erstes in der Hand hatte. Voller Überzeugung behauptete der Verkäufer, der Wasserkocher würde nicht tropfen (er sollte recht behalten). Etwas verschämt machte ich mich dann auf dem Weg zu Kasse. Das alles hätte ich schneller und einfach haben können.

Bereits schon bepackt mit meiner Umhängetasche ließ ich mir eine Plastiktüte an der Kasse geben. Erst glaubte ich, mich verhört zu haben. „Zwanzig Cent“ wurde aber wiederholt, bis ich denn die Münzen hervorgekramt hatte. Mein Blick fiel auf ein Schild hinter der Kasse. Aus Gründen des Umweltschutzes würde man künftig Geld für die Plastiktüten verlangen. In der von mir benötigten Größen eben die 20 Cent. Zum Glück versuchte die Dame an der Kasse nicht noch, mir eine Versicherung oder Garantieverlängerung für die Tüte zu verkaufen. Für dumm hatte man mich ja schon verkauft.

Ganz ehrlich, ich nehme es Saturn nicht ab, wenn der Elektronikmarkt sich als Umweltengel aufspielt. Über Plastiktüten lässt sich wirklich streiten, aber die 20 Cent sind hier eher lächerlich und riechen nach Bereicherung am Kunden. Eine Tüte zum Transport der Ware sollte zum Service gehören, los selbstverständlich sein — Umwelt hin oder her. Lächerlich sind die 20 Cent nicht für den Händler, denn der Betrag summiert sich ordentlich auf, aber dem einzelnen Kunden tun sie nur ein ganz kleines Bisschen weh. Wer so einen Betrag für Plastiktüten verlangt, glaubt auch daran, dass körperliche Züchtigung helfe, aus jemanden einen besseren Menschen zu machen. Prügel ist kein Erziehungsmittel, 20 Cent für eine Plastiktüte zu verlangen ebenfalls nicht.

2 Kommentare

  1. Wo kaufst du denn normalerweise ein? Hier in Berlin musste ich schon immer und überall für Plastiktüten bezahlen, und ich finde es auch richtig, weil sich so der innere Schweinehund überwinden lässt und man sich häufiger einen Stoffbeutel mitnimmt. Ich mache das jetzt seit knapp zwei Jahren und habe in dieser Zeit keine einzige Plastiktüte mehr gekauft. Und das lohnt sich, wenn ich berechne, dass pro Tüte zwischen 10 und 15 Cent fällig waren und ich davon bei fast jedem Einkauf eine gekauft habe. Es dient also schon den Umweltschutz, wenn die Ketten für Plastiktüten Geld nehmen, denn es wird ja keiner gezwungen, diese Tüten zu kaufen und ein Stoffbeutel ist da hundert Mal besser.

    Wenn ich mich erinnere, was ich hier für Stapel von Plastiktüten hatte, ich bin schon froh, dass ich den Absprung geschafft habe.

    1. Normalerweise habe ich, wenn ich einkaufe, Rucksack oder Baumwolltasche dabei. Plastiktüte nutze ich selten. Wenn ich mal eine Tragehilfe brauche, kaufe ich Baulmwolltaschen — von denen haben wir eine richtige Sammlung. Aber es geht ja auch nicht darum, sondern um geheuchelten Umweltschutz.

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