Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Auf dem Wannsee Spargel essen gehört zu den jährlichen Ritualen des Seeheimer Kreises der SPD. Andrea Nahles war dies Jahr nur gedruckt dabei.

So ein Untergang

Die Kapelle spielt bis zum Schluss. Wer keinen Platz im Rettungsboot gefunden hat, tanzt zur Musik. In der ersten Klasse wird Spargel serviert. Aufgrund der Schräglage läuft die Sauce hollandaise vom Teller. Impressionen von der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises der SPD oder der vom Untergang der Titanic. Bei Letztere bin ich mir noch nicht sicher, ob dort tatsächlich Spargel serviert wurde. Im Zweifelsfall war wohl die Stimmung an Bord der Havel Queen deutlich besser. Schließlich droht dem Schiff kein Untergang, sondern nur der SPD.

Die Genossen stört so was nicht, es wurde Berichten zu Folge wieder ausgelassen gefeiert — trotz oder gerade weil Andrea Nahles als Partei- und Fraktionsvorsitzende zurückgetreten ist.

Um Übrigen halte ich persönlich Berichte über angebliches Mobbing gegen Nahles, Dutzende Krokodilstränen oder aber Behauptung, Nahles sei gescheitert, weil die SPD keine Frau an ihrer Spitze erträgt für groben Unfug. Nahles ist gescheitert, weil sie den Mund zu voll genommen hat. Nicht mit Spargel, sondern Versprechungen. Abgesehen davon ist ihre grobe Art nicht unbedingt mehrheitsfähig. Jedenfalls nicht auf Dauer.

An Bord der Havel Queen ließ sich Nahles nur mit einem Grußwort und Foto in einem gedruckten Begleitheftchen, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb, sehen.

Kein Spargel

Kein Spargel

Saison für Spargel

Offiziell endet die Saison für Spargel am 24. Juni. Bis heute noch unbekannt ist, wann die Große Koalition endet und wann die SPD endgültig der Vergangenheit angehören wird. Ein glückliches Händchen mit ihren drei kommissarischen Parteivorsitzenden hat die SPD in jedem Fall nicht. Weder Manuela Schwesig, Malu Dreyer noch Thorsten Schäfer-Gümbel haben signalsiliert, den Post auf Dauer haben zu wollen. Auch im Hinblick auf eine mögliche Kanzlerkandidatur winken alle drei ab.

Dafür bringt sich jemand anders in Stellung. Olaf Scholz bekräftigte heute seinen Anspruch auf die Kanzlerschaft und rechnet sich ernsthaft Chance auf das Kanzleramt aus.

Keine Ahnung, was mit seinem Spargel nicht in Ordnung war. Es ist verwunderlich, wenn Fremd- und Eigenwahrnehmung so deutlich auseinandergehen. Wir erinnern uns: Olaf Scholz ist derjenige, der zusammen mit Andrea Nahles die rekordverdächtige 15 Prozent-Marke der SPD zu verantworten hat. Im Gegensatz zu seiner ehemaligen Parteivorsitzenden geht ihm aber jeglicher Art von Humor ab. Sonst hätte man seine Äußerung eventuell noch als schlechten Witz abtun können. Sollten seine Ambitionen tatsächlich innerhalb der Partei Früchte tragen, passen künftige die Wählerinnen und Wähler der SPD auch auf die Havel Queen. Die fuhr im Übrigen in die Abendsonne mit denen an Bord, die sich für den stabilsten Teil der SPD halten. So oder ähnlich entstehen Legenden.

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