Von allen guten und bösen Geistern verlassen

An die Wahlaussagen der Parteien zu Landtagswahl 2012 in Nordrhein-Westfalen zu kommen, ist, wie gestern berichtet, nicht gerade einfach. Tote Links, Dokumente, die sich nicht ausdrucken oder kopieren lassen (FDP) oder einfach ein gerade erst stattfindender Parteitag (Piraten) sorgen für Hürden.

Aus nahliegenden Gründen sind für mich die Aussagen der Parteien zur Bildungspolitik nicht nur besonders spannend, sondern ich meine auch bei dem Thema mitreden zu können – schließlich bin ich doppelt vorbelastet. Aus allen mir zur Verfügung stehenden Quellen habe ich die relevanten Passagen im ersten Schritt kopiert, um später daraus die Kernaussagen herauszuarbeiten. Ein Unterfangen, was relative zeitintensive ist – bei nur einem Thema. Wer sich als Wähler mit allen Aussagen intensiv auseinander setzen will, sollte man ein mindestens ein Wochenende dafür einplanen, je nach dem wie gründlich man sich mit der Materie auseinandersetzen will.

Bei den derzeit vorliegenden Aussagen (der Part der Piratenpartei war „zeitnah“ noch nicht verfügbar) habe ich zunächst eine quantitative Evaluation der Aussagen zum Thema Bildung und Hochschulpolitik vorgenommen:

  • FDP – 641 Wörter
  • SPD – 779 Wörter
  • Die Linke – 3.302
  • CDU – 772 Wörter
  • Grüne – 1.713 Wörter

Die Anzahl der Wörter sagt natürlich noch nichts über den Inhalt selber aus, bringt aber meiner Meinung nach schon mal zum Ausdruck, welchen Stellenwert das Thema einnimmt. Die Parteien, die am längsten im politischen Tagesgeschäft aktiv sind, haben anscheinen am wenigsten zur Bildungspolitik zu sagen. Das verwundert an der Stelle auch nicht groß, da der derzeitig Zustand der Bildungslandschaft (nicht nur in NRW) von CDU, SPD und FDP zu verantworten ist.

Nach der Zählung, was dank der Technik kein schwerer Aufgabe ist, stand die Herausarbeitung der Kernaussagen an – auf Grund des Umfangs werden draus mehrere Teile, in denen ich mit den jeweiligen Aussagen auseinandersetzen werden. Am Ende gibt es dann eine direkte Gegenüberstellung der Aussagen, in denen es entweder Gemeinsamkeiten oder entgegengesetzte Positionen gibt.

Bildungspositionen der FDP

  • Wiedereinführung von (nachgelagerten) Studiengebühren
  • stärkerer Förderung von dualen Studiengängen
  • Förderung von lernschwächeren Kindern
  • Förderung von Hochbegabten
  • beste individuelle Förderung für jedes Kind
  • Leistungsdifferenzierung
  • verstärkten Integration von Kindern mit Behinderungen in allgemeine Schulen, aber keine Abschaffung der Förderschulen
  • Ablehnung der Sekundarschulen
  • für starke Gymnasien
  • mehr finanzielle, organisatorische und pädagogischer Freiheit für Schulen
  • kleinere Klassen mit den „besten“ Lehrern
  • optimale Ausstattung der Schulen
  • Stärkung der Entscheidungsfreiheit von Schulen in Abgrenzung zur „Ministerialbürokratie“

Ganz deutlich macht die FDP, dass sie für die Wiedereinführung der unter rot-grün abgeschafften Studiengebühren steht. Nach Meinung der Liberalen kann die Qualität der Hochschulen nur durch die Studiengebühren dauerhaft gesichert werden. In Bezug auf das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht-behinderten Kindern wirkt die FDP unentschlossen. Einerseits sprechen sie sich für die Integration aus, auf der anderen Seiet aber sollen die Förderschulen erhalten bleiben. Die eingeführten Sekundarschulen werden von der FDP abgelehnt. Gymnasien scheinen die Schulform zu sein, für die sich die Liberalen am stärksten einsetzen. Generell möchte man Schulen mehr Entscheidungsspielraum einräumen und spricht auch davon, dass kleine Klassen und qualifiziertes Lehrpersonal wünschenswert sind. Die Frage dabei ist, wie das umsetzbar sein soll, wenn man gleichzeitig für eine Reduzierung der Ausgaben im Bereich der Finanzpolitik ist. Zusammengefasst steht die FDP für die Rückabwicklung der rot-grünen Schulpolitik und die Erhaltung des Status Quo mit einem leicht modernen Anstrich.

Bildungspositionen der SPD

  • Förderung von Anfang an
  • individuelle Bildungsförderung
  • durchgehende Sprachförderung
  • Wohnortnahe Grundschulen
  • Längeres gemeinsames Lernen; Verweis auf die Sekundarschule
  • Inklusive Schulen; Rechtsanspruch auf einen Platz in einer allgemeinbildenden Schule
  • Ausbau der Ganztagsplätze
  • für ein Beibehaltung eines gebührenfreien Studiums
  • Stärkung der Hochschulen hin zu autonomen Hochschulen

Die SPD bezieht sich im Wesentlich auf die Erwähnung dessen, was man in den letzten zwei Jahren erreicht hat, wie zum Beispiel die Abschaffung der Studiengebühren und die Einführung der Sekundarschule. Während es leicht fällt, bei Erstem eine klare Haltung zu haben, ist es in Bezug auf Sekundarschulen erheblich schwerer. Die Aussage, dass die Zeit schon zeigen wird, wie gut die Sekundarschulen wirklich sind, hat leider einen bitteren Beigeschmack. Hier werden Schüler als Experimentiermasse für möglicherweise noch nicht ausgereifte Konzept missbraucht. Die Hervorhebung von Wohnortnahen Grundschulen ist zu begrüßen, verhindert aber auch die Entwicklung eine eigenständigen pädagogischen Profils der Schulen. Dem Primarbereich wird zu wenig Beachtung geschenkt. Längeres gemeinsames lernen bedeute konsequent zu Ende gedacht gerade ein Stärkung der Grundschulen hin zu einer sechsjährigen Grundschulzeit.

Im zweiten Teil morgen geht es dann weiter mit der Links-Partei und der CDU.

2 Kommentare

  1. Ich bin dafür, dass bis zur 10. Klasse zusammen gelernt wird. Ich weiß, dass riecht nach DDR und ist deswegen schlecht, aber ich finde das System klasse. Ich sehe auch nicht, dass durch dieses System die stärkeren Schüler in ihren Leistungen nach unten gezogen werden, im Gegenteil, ich glaube das Leistungsschwächere Schüler dadurch bessere Leistungen bringen, weil sie wissen, dass ihnen die selben Türen offen stehen, wie den anderen Schülern. Sie sitzen nämlich nicht in einer Hauptschule und wissen, am Ende steht maximal ein Hauptschulabschluss, mit dem man nicht viele Zukunftschancen hat.
    Eine Förderung der stärkeren Schüler kann immer noch mithilfe von Leistungskursen statt finden.

  2. Ich finde die Anzahl der Wörter total unwichtig in so einem Fall…es sagt weder etwas über den Inhalt aus noch über den Stellenwert des Themas!

    Man kann auch mit 3000 Wörter absolut nichts sagen und es dafür mit 500 Wörter umso treffender umschreiben. Und nur weil jemand 3000 Wörter benutzt muss es für ihn nicht ein wichtigeres Thema sein als für den der nur 500 Wörter benutzt.

    Ich habe alle Positionen nicht gelesen daher beziehe ich mich nicht auf konkrete Parteien sondern auf das bekannte Phänomen mit vielen Wörtern wenig sagen zu können. Das mag hier zutreffen oder nicht, finde daher nur die Anzahl der Wörter als Anhaltspunkt total irrelevant.

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