Von allen guten und bösen Geistern verlassen

Jeder für sich und nur für gesunde Menschen bedeutet nichts anderes als Darwinismus. Überleben in einer Gesellschaft muss jedoch auch für Schwächere möglich sein.

Prinzip Boris Palmer

Das Buch von Charles Darwin „Origin of Species“ trägt den Untertitel „Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe ums Dasein“. Diese fiel mir ein, als ich von der Äußerung des Politikers Boris Palmer (Grüne) erfuhr. Der Rechtspopulist — als solcher kann er aufgrund so einiger Aussagen wohl bezeichnet werden — ist Oberbürgermeister von Tübingen.

Mit Blick auf die Einschränkungen und Maßnahmen zur Eindämmung von Neuinfektion merkte Palmer gestern an:

Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.

Seiner Meinung nach müsse es eine zwei Klassengesellschaft geben, beziehungsweise, wie er es ausdrückt „unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen für Junge und Ältere“. Das ist zunächst einmal eine Entsolidarisierung und das Gegenteil von dem, was unsere Bundesfamilienministerin anstrebt. Daneben verkennt es ganz klar, wer sich mit Covid-19 infizieren, daran ernsthaft erkranken und sogar sterben kann. Es trifft nicht nur alte Menschen, wie das traurige Beispiel des 54-jährigen Polizisten aus Paderborn zeigt.

Was Palmer offensichtlich anstrebt, ist purer Darwinismus. Es überleben nur die Starken, wer zu schwach ist, stirbt — zum Wohle der Gesellschaft. Für Fakten, so Palmer, müsse er sich nicht entschuldigen.

Darwinismus, Kapitalismus, noch mehr Ismus

Überleben nur mit Geld und Einfluss

Mitgefühl oder Darwinismus

Wer die Ansicht vertritt, Menschen ab einem gewissen Alter würden ehedem sterben. Mit Corvid-19 halt nur etwas früher, der hat sich bereits von jeder Form des menschlichen Mitgefühls verabschiedet. Das einzelne Menschenleben wird bedeutungslos. Im Grundgesetz jedoch gibt es keine Altersbegrenzung für die Menschenwürde. Es steht im direkten Kontrast zum Darwinismus, dem Palmer offensichtlich verfallen ist.

Anmaßend, unchristlich — mir fallen viele Bezeichnungen für Boris Palmer ein. Die wohl treffendste: Der Mann ist meiner Meinung nach ein Arschloch. Jemand, der so schnell wie möglich seines Amtes enthoben werden sollte.

Niemand von uns weiß, wie lange er oder ein anderer Mensch noch zu leben hat. Es liegt, wie es so treffend heißt, in Gottes Hand. Was aber nicht bedeuten darf, dass wir ihm die medizinische Versorgung überlassen. Es enthebt uns auch nicht von der Verpflichtung, alles menschenmöglich zu tun, um jedes Leben zu schützen.

Folgt man dagegen dem Darwinismus und der Argumentation von Palmer, hätten bestimmte Patientengruppen kein Anspruch auf eine medizinische Behandlung mehr. Etwa der Krebspatient, der durch eine kostspielige Therapie vier Monate länge leben würde. Der nächste Schritt ist dann, menschliches Leben nach Nützlichkeit zu bewerten und zu selektieren — hatten wir schon mal, wie sie möglicherweise auch Boris Palmer erinnern wird.

3 Kommentare

  1. Bei Lanz war Palmer live dazugeschaltet und hatte versucht, sich herauszureden. Herr Lanz hat ihm das so nicht durchgehen lassen – zumindest soweit, wie ich es noch mitbekam. Habe dann mittendrin umgeschaltet, weil in mir diverse Bomben detonierten.
    Er ist eine Schande, und ich hoffe inständig, daß sich die Bewohner Tübingens seiner entledigen! TÜ ist vielleicht eine kleine Stadt, aber auch eine schöne, mit viel Kultur. Die muß an ihm vorbeigegangen sein. Gehört doch zu Kultur auch eine gewisse Herzensbildung. (Außerdem bin ich dieser Stadt aus familiären und heimatlichen Gründen verbunden. Jemanden eines „Formats“ Palmer, hätte ich nach meinen Erfahrungen, eher in Göttingen, Braunschweig, so in der Ecke, verortet.)

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